2017-09-22 09:00:00

D: Kirche erwartet Stabilität im Staat-Kirche-Verhältnis


Die katholische Kirche in Deutschland erwartet nach der Bundestagswahl am 24. September keine großen Veränderungen im Staat-Kirche-Verhältnis. Union und SPD würden am bestehenden Staatskirchenrecht festhalten, sagte der Leiter des katholischen Büros in Berlin, Prälat Karl Jüsten, am Donnerstag dem Kölner „domradio“. „An der Stelle können wir uns auch auf die großen Parteien verlassen.“ Eine der beiden Parteien werde größte Regierungsfraktion sein.

Auch Grüne und FDP hätten sich mit der Zeit mit dem geltenden Staatskirchenrecht arrangiert, wenn es auch im Detail immer wieder Unterschiede gebe. „Die AfD hat die kirchenkritischste Position, da wird es am schwierigsten“, sagte Jüsten. Auch die Linkspartei sei der Kirche fremd. „Insgesamt hat aber auch die Linkspartei anerkannt, was die Kirchen in diesem Land leisten und schaffen“, so der Geistliche.

Zur AfD sagte Jüsten: „Das ist insgesamt keine kirchenfreundliche Partei.“ Zwar gebe es dort den kleinen Arbeitskreis „Christen in der AfD“, doch bildeten die Mitglieder nur eine Randgruppe. „Das müssen wir zur Kenntnis nehmen - und dementsprechend wird die Auseinandersetzung anstrengender werden, wenn die Partei im Bundestag sein wird.“

Der Prälat würdigte das neue Kirchenpapier der FDP, „das wesentlich kirchenfreundlicher ist als alles, was vorher da war“. Gleichwohl sei die FDP immer noch „eine Partei, mit der wir uns schwer tun, weil sie im Bereich des Lebensschutzes nach wie vor ihren liberalen Ideen anhängt“. So wolle die FDP das Embryonenschutzgesetz aufweichen und auch den Sonntagsschutz zur Debatte stellen.

„Aus Protest nicht wählen geht gar nicht“

Der Kölner Weihbischof Ansgar Puff empfahl derweil allen Wählern, sich noch vor der Wahl an der Internet-Aktion „Wählt Menschlichkeit - gegen Ausgrenzung und Populismus“ zu beteiligen: „Die Caritas, die diese Seite mit vielen Infos zu den Wahlprogrammen der Parteien ins Netz gestellt hat, hilft so, Fakten und Fakes zu unterscheiden, und immunisiert gegen Stimmungsmacher“, schrieb Puff in einem Beitrag für die Zeitschrift „basis“, die von der Schönstatt-Bewegung herausgegeben wird.

Die Seite www.waehltmenschlichkeit.de des katholischen Sozialverbands sei eine „gute Hilfe für immer noch Unentschlossene“, betonte Puff. Denn „die Namen der Parteien auf Tischtennisbälle zu schreiben und dann losen, was man wählen soll, geht gar nicht! Aus Protest nicht zur Wahl gehen auch nicht.“ Man müsse sich schon die Mühe machen, sich mit Inhalten und Kandidaten auseinanderzusetzen.

Dazu, so der Bischof, sei die Aktion eine wertvolle Hilfe, um etwa zu testen, wie hilfreich das eigene Bauchgefühl ist: „Wie haben sich rechtsmotivierte Straftaten entwickelt? Wie viele Menschen wurden bei uns eingebürgert? Wie entwickeln sich die Mieten? Erstaunlich, wie falsch man mit dem Bauchgefühl manchmal liegt.“

Auch Jugendliche einbeziehen

Puff lobte ebenfalls die Aktion „U 18 Wahl“, an der sich auch viele kirchliche Jugendverbände beteiligt hatten. Dabei hatten sich mehr als 215.000 Kinder und Jugendliche bundesweit mit den Parteiprogrammen beschäftigt und mit Kandidaten in den Wahlkreisen diskutiert.

Angesichts zunehmender Wahlmüdigkeit „eine genial wichtige Idee“, so der Bischof. Denn immerhin habe sich die Zahl der Nichtwähler bei Bundestagswahlen von 8,9 Prozent im Jahr 1972 auf 28,5 Prozent im Jahr 2013 verdreifacht: „Wenn aber große Teile der Bevölkerung ihren politischen Willen nicht mehr äußern, leidet darunter die Legitimität des gesamten politischen Systems.“

Schon Anfang September hatten die katholische und die evangelische Kirche in Deutschland gemeinsam dazu aufgerufen, sich an der Bundestagswahl zu beteiligen. „Wir bitten die Bürgerinnen und Bürger, den politischen Weg unseres Landes aktiv mitzugestalten“, heiß es in einer Erklärung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm. „Die Demokratie lebt durch Beteiligung“, betonten die beiden Kirchenmänner.

(kap/kna/domradio 21.09.2017 pr)








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