2017-09-21 10:00:00

Mexiko: Kirche hilft, wo sie kann


Trauer und Bestürzung, doch auch die Hoffnung auf das Finden weiterer Überlebender sind es, die die Menschen in Mexiko nach dem schweren Erdbeben vom Dienstag bewegen. Die Regierung bezifferte die Zahl der Toten am Donnerstag auf 248, hunderte Menschen wurden verletzt, tausende obdachlos. Mexikos Kirche startete eine große Hilfs- und Solidaritätsaktion, die auch aus dem Ausland unterstützt wird. Auch der Vatikan leistet eine Geldspritze für die Nothilfe. 

Dramatische Szenen

„Ich habe gesehen, wie Gebäude und Schulen zusammenbrachen, während ich versuchte, nach Hause zu meiner Familie zurückzukehren.“ Alexandro Moreno von der Päpstlichen Uni in Mexiko-Stadt hat am Dienstag während und nach dem schweren Erdbeben dramatische Szenen miterlebt. Im Interview mit Radio Vatikan berichtet er auch über die andauernde verzweifelte Suche nach Überlebenden: „Viele junge Leute sind zu den Einsturzstellen gegangen und räumen Stein für Stein beiseite, um Verschüttete zu befreien.“

Seine Frau Karin kann Ähnliches berichten: „Vor mir ging die Erde auf“, berichtet die Mutter von drei kleinen Kindern über den Moment des Erdstoßes. „Zum Glück hatten wir kurz vorher noch eine Notfallsimulation mitgemacht. So wussten meine Kinder, was zu tun war. Wir haben gebetet, für unsere Nachbarn und für alle Menschen hier.“

Hilfs- und Solidaritätsaktion der Kirche

Die katholische Kirche des Landes hat unterdessen eine große Hilfs- und Solidaritätsaktion gestartet. Für kommendes Wochenende ist mexikoweit eine Kollekte für die Opfer geplant. Auch Papst Franziskus hat einen ersten Beitrag zur Soforthilfe geleistet: 150.000 Dollar sollen zügig an besonders betroffene Diözesen verteilt werden. Kirchen, Seminare, Schulen und andere katholische Einrichtungen in der Bebenregion - darunter auch die Guadalupe-Basilika in Mexiko-Stadt - wurden zu Herbergen sowie Notfall- und Verteilzentren umfunktioniert, Priester und Ordensleute leisten seelsorgliche und psychologische Hilfe, teilte die mexikanische Bischofskonferenz am Mittwochabend Ortszeit mit.

Einfach ist das nicht, denn auch kirchliche Strukturen sind von den Auswirkungen des Bebens der Stärke 7,1 betroffen. Allein die Erzdiözese Puebla meldete bisher 163 beschädigte Kirchen, während das Ausmaß der Zerstörungen in Mexiko-Stadt sich erst nach und nach zeigen wird. „Es war schrecklich, es gab unheimlich viele Einstürze, obwohl hier doch viele Gebäude nach erdbebensicherem Standard errichtet sind“, erzählt José Francisco González González, Bischof von Campeche. „Das Gebäude, in dem ich mich befand, bewegte sich, ich schaute aus dem Fenster und sah, wie das achtstöckige Gebäude nebenan einfach zusammenbrach…“

Peripherien im Blick

Bei der Hilfsarbeit richtet die Ortskirche ihren Blick vor allem „auf die, die vergessen werden“, erklärte die mexikanische Caritas. Spezieller Fokus liege auf den stark vom Beben betroffenen ländlichen Regionen außerhalb von Mexiko-Stadt, die in den Medienberichten wenig Beachtung finden. Reiner Wilhelm vom Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat steht im Kontakt mit der Ortskirche und lokalen Partnern; er berichtet im Interview mit Radio Vatikan über die Lage in Mexiko Stadt und Umland:

„In den Peripherien der Stadt ist die Hilfe organisiert durch die Regierung selbst sowie durch viele freiwillige Helfer. Auch die Kirche ist da unterwegs und die Pfarreien - die machen da eine sehr gute Arbeit. Caritas hat sich in Verbindung gesetzt mit den verschiedenen Diözesen, die betroffen sind und versucht die Hilfe bis in die ländlichen Gebiete hinein zu bringen, denn auch die sind sehr stark betroffen gewesen von den Erdbeben.“

In den Notfallzentren werden Nahrungsmittel und Wasser, jedoch auch Werkzeug, Hygieneartikel, Planen, Matratzen und WC-Boxen ausgegeben. Zuvor hatte es einen großen Aufruf an die Bevölkerung gegeben, Lampen für die nächtliche Bergung, Handschuhe, Hacken, Schaufeln und Mundschutz zu spenden. Adveniat selbst hat 20.000 Euro Soforthilfe zur Verfügung gestellt. Trost in diesen schweren Stunden gebe eine große Welle an Solidarität, so Wilhelm. „Nicht nur die Kirche, sondern freiwillige Helfer sind aufgebrochen, haben Leute aufgenommen – denn das Erdbeben ließ viele ja ohne Häuser zurück. Es wurde mit Nahrungsmitteln geholfen, mit Obdach, mit Kleidung, Medikamenten. Sie haben mit bloßen Händen die Trümmer weggeräumt, um nach Verletzten und Verschütteten zu suchen. Also die Welle der Freiwilligen ist immens groß und man steht wirklich zusammen.“

Erinnerungen an 1985

Das zweite schwere Erdbeben in diesen Tagen in Mexiko hatte das Land genau 32 Jahre nach der Erdbebenkatastrophe von 1985 getroffen. Bei vielen Menschen seien Erinnerungen an das Erlebte wieder wachgeworden, so Wilhelm, sie seien „sehr verschreckt“. „Das, was vor 32 Jahren passierte - da sind 10.000 Menschen in einer Nacht ums Leben gekommen, das haben die Leute natürlich nicht vergessen. Man hat darauf reagiert, indem man regelmäßig Übungen durchführt. Interessant ist, dass es just an diesem Tag am 19. September, eine Stunde bevor es wieder das neue Erdbeben gab, wieder auch eine solche Übung gab. Die Leute waren also eigentlich vorbereitet - aber als die Situation tatsächlich eintraf, haben sie natürlich sofort an 1982 gedacht…“

Am Dienstagnachmittag (Ortszeit) war es in Zentralmexiko zu einem Erdbeben mit einer Stärke von 7,1 gekommen, zwölf Tage nach einem Beben mit der Stärke 8,2, bei dem 78 Menschen starben. Zu erwarten ist, dass die vom mexikanischen Zivilschutz bisher bekanntgegebene Opferzahl von 248 Toten vom jüngsten Beben noch weiter ansteigen wird.

(rv/kap/adveniat 21.09.2017 pr)








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