2017-09-16 15:20:00

Verschleppter Priester: „Wurde gut behandelt“


Zum ersten Mal hat sich Pater Tom vor der Presse geäußert: Der indische Salesianerpater Tom Uzhunnalil war bis zum 12. September 18 Monate lang im Jemen in der Hand von Entführern. Jetzt, nach seiner Freilassung, erholt er sich in Rom – und trat dort an diesem Samstag vor die Presse.

Bei dem Überfall von Kriminellen auf das Haus der Mutter-Teresa-Schwestern in der jemenitischen Stadt Aden wurden 16 Menschen, darunter vier Schwestern, getötet, Pater Tom hingegen wurde entführt: „Sie wussten gar nicht, wer ich war, ich war zufällig an dem Ort. Ich habe ihnen gesagt, ‚ich bin Inder’, auf Arabisch, dann haben sie mich mitgenommen.“ Zuerst hätten sie ihn auch nicht gefesselt, sondern ihm nur sein Telefon abgenommen. „Warum sie mich entführt haben? Wahrscheinlich, weil sie ein Lösegeld wollten oder irgendwas.“ Er wisse noch nicht einmal genau, welche Gruppe ihn entführt habe, die Terrorgruppen sähen alle gleich aus und benähmen sich auch gleich.

In der Geiselhaft habe er dreißig Kilo verloren, berichtete der 59-Jährige in der etwa zweistündigen Pressekonferenz. Doch hätten ihn seine Geiselnehmer alles in allem gut behandelt, sogar Medizin zur Behandlung seiner Diabetes habe er bekommen. Geschlagen hätten sie ihn nie, und es habe auch keinerlei Drohungen oder Versuche gegeben, ihn zum Islam zu bekehren. „Angst habe ich nie gehabt, ich war immer ruhig.“

Er habe viel gebetet, vor allem für die ermordeten Schwestern und für alle Opfer des jemenitischen Bürgerkrieges, so der Geistliche. Manchmal habe er im Geist auch die Heilige Messe gefeiert, „auch wenn ich kein Brot und keinen Wein hatte“. Da er keine Bibel hatte, sei eine englische Koranausgabe seine einzige Lektüre gewesen. Täglich habe er Gott um „Kraft“ zum Durchhalten gebeten. Insgesamt hätten ihn seine Geiselnehmer an vier verschiedene Orte verschleppt.

„Als sie die Videos mit meinen Appellen gedreht haben, sollte alles so aussehen, als ob ich misshandelt würde. In Wirklichkeit aber haben sie mir gesagt, ich solle so tun – damit es schneller Antworten und mehr Interesse gibt.“

Detailliert schilderte Pater Tom die Umstände, unter denen er wieder freigelassen wurde. Die Geiselnehmer hätten ihn eine Burka anziehen lassen und mit dem Auto an einen drei oder vier Stunden entfernten Ort gebracht. Dort hätten sie zwei Stunden lang auf „die Befreier“ gewartet, die ihn dann auf einer weiteren Autofahrt vom Jemen nach Oman brachten. Dort hätten ihm Vertreter der Behörden etwas zum Anziehen, einen Koffer und einen Rasierapparat gegeben, damit er sich zum ersten Mal seit 18 Monaten rasieren konnte.

Einen Tag später sei er bereits in Rom gewesen und habe den Papst getroffen. „Ohne dieses Abenteuer hätte ich ihn nie persönlich gesehen. Ich war sehr bewegt, darum konnte ich ihm gar nichts Besonderes sagen. Papst Franziskus hat mir die Hände geküsst und mich gesegnet; ich fühlte mich unwürdig… Ich weiß, dass er für mich gebetet hat.“

Pater Tom Uzhunnalil ist am 12. September im Oman freigelassen worden. Neben kirchlichen Kreisen und der indischen Regierung hatte sich auch Papst Franziskus mit Appellen für seine Befreiung eingesetzt. Der Salesianerorden bekräftigt, es sei kein Lösegeld gezahlt worden.

(rv/sir 16.09.2017 sk/ord)








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