2017-09-07 22:00:00

Papst an Bischöfe Lateinamerikas: „Leidenschaft!“


Ein Schatz, der noch vollständig zu entdecken ist: Was die Bischöfe Lateinamerikas vor genau zehn Jahren begonnen hätten, sei auch heute noch Einladung und Herausforderung. Vor zehn Jahren hatte – unter Mitwirkung von Kardinal Jorge Mario Bergoglio – der Bischofsrat Lateinamerikas CELAM in Aparecida getagt und ein wegweisendes Dokument veröffentlicht, unter dem Titel ‚Misión Continental’. Dieses Dokument griff Papst Franziskus nun wieder auf, als er das Leitungsgremium des CELAM in Bogotá traf.

Es war nicht das erste Mal, dass er die Bischöfe des Kontinents an ihre Versprechen von Aparecida erinnerte, schon vor vier Jahren, bei seiner allerersten Reise nach Rio de Janeiro war das bereits Thema. Und genau daran knüpfte der Papst nun an, seine Rede wurde eine Art Fortsetzung und Auffrischung.

Von Aparecida lernen

„Damals unterstrich ich die fortwährende Notwendigkeit, von seiner Vorgehensweise zu lernen, die wesentlich in der Beteiligung der lokalen Kirchen besteht”, begann der Papst seine ausführliche Ansprache. Und er formulierte eine der Grundeinsichten des Dokuments damals: „Wo Gott in Jesus zum Menschen spricht, tut er das weder mit einem unbestimmten Zuruf wie an einen Fremden, noch mit einer unpersönlichen Einberufung, wie das ein Notar tun würde, noch mit einer Erklärung von zu erfüllenden Vorschriften, wie das jeder beliebige Sakralfunktionär tut. Gott spricht zum Menschen mit der unverwechselbaren Stimme des Vaters zum Sohn, und er respektiert sein Geheimnis, weil er ihn mit seinen eigenen Händen geformt und ihn zur Fülle bestimmt hat.“

Und wie so oft skizzierte der Papst die Versuchungen, die Reduktion des Evangeliums auf einen „modernen Gnostizismus“, auf ein „Programm des sozialen Aufstiegs“, auf eine „Konzeption der Kirche als eine Bürokratie“. Mitgliedschaft sei Jüngerschaft und Jüngerschaft sei missionarisch, so der Papst. „Nähe und Begegnung sind die Werkzeuge Gottes.“ Das sei das Geheimnis der Kirche.

Achtsamkeit

Vorsicht sei aber auch geboten, wenn man an damals zurück denke, schließlich seien die Vorhaben keine Denkmäler, 10 Jahre Aparecida, 50 Jahre Konzil und so weiter. Noch einmal unterstrich der Papst den Kern des Christentums: „Ihr alle wisst, dass das erneuerte Bewusstsein davon, dass am Anfang von allem immer die Begegnung mit dem lebendigen Christus steht, es seinen Jüngern abverlangt, dass sie die familiäre Vertrautheit mit ihm pflegen“

Der Papst betonte die Einheit, die allem zu Grunde läge. „Unsere Völker, Schmelztiegel so vieler Ethnien, Kulturen und Reichtümer - haben in der Kirche immer einen gemeinsamen Bezugspunkt gefunden, der es ihnen erlaubt hat, vereint zu sein, trotz aller Unterschiede untereinander“, so hatte es Kardinal Rubén Salazar Goméz zur Begrüßung gesagt, als Präsident des CELAM war er Gastgeber der Begegnung in seiner Bischofsstadt. „Wo ist diese Einheit? Immer in Jesus,“ fügte seinerseits der Papst hinzu.

Und weil das immer konkret ist und nie „sterile Spekulation“, wurde er auch konkret in seiner Ansprache. „Es ist uns nicht erlaubt, uns durch die klimatisierte Luft der Büros, durch die Statistiken und die abstrakten Strategien lähmen zu lassen. Es ist notwendig, sich an den Menschen in seiner konkreten Situation zu wenden; von ihm dürfen wir den Blick nicht abwenden. Die Mission verwirklicht sich in einem Leib an Leib.“

Einheit und Vielfalt des Kontinents

Die Vielfalt des Kontinents sei sein Reichtum, die Aufgabe der Kirche sei es deswegen „Brücken zu bauen, Mauern niederzureißen, die Verschiedenartigkeit zu integrieren, die Kultur der Begegnung und des Dialogs zu fördern, zur Vergebung und zur Versöhnung zu erziehen, zum Sinn für Gerechtigkeit, zur Zurückweisung der Gewalt und zum Mut zum Frieden.“ Eine steile Aufgabe, und eine „Jammermentalität“ sei der Kirche nicht erlaubt.

Ein weiterer konkreter Punkt: Nicht über Jugendliche sprechen, sondern ihnen in die Augen schauen, ihnen Raum geben.

Ein weiterer konkreter Punkt: Die Hoffnung in Lateinamerika hat ein weibliches Gesicht. Der Papst betonte die Rolle, die Frauen bei der Glaubensweitergabe und in der Kirche spielen um dann zu betonen „Es ist eine ernste Pflicht, die kirchliche und soziale Kraft dessen, was sie verwirklichen, zu erfassen, zu respektieren, aufzuwerten und zu fördern.“

Ein weiterer Punkt: Die Hoffnung in Lateinamerika kommt durch das Herz, den Geist und die Hände der Laien: „Es ist ein Gebot, den Klerikalismus zu überwinden, der die Christgläubigen Laien infantilisiert und die Identität der geweihten Amtsträger verarmen lässt.“ Es fehle leider noch immer die „klare, verantwortliche, kompetente, visionäre, artikulierte und bewusste Konkretisierung eines Standes christlicher Laien“, klagte der Papst. „Und noch etwas: In diesem Sinne muss die Hoffnung immer mit den Augen der Armen und von der Situation der Armen her auf die Welt blicken.“

Die wichtigen Punkte: Einheit, Frauen, Laien, Arme

„Und all das möchte ich in einem Satz zusammenfassen, den ich euch als Synthese und Andenken an diese Begegnung dalasse: Wenn wir unserem Lateinamerika vom CELAM aus dienen wollen, müssen wir es mit Leidenschaft tun. Heute braucht es Leidenschaft. Das Herz in alles legen, was wir tun; Leidenschaft eines verliebten jungen und eines weisen alten Menschen; Leidenschaft, die die Ideen in durchführbare Träume verwandelt; Leidenschaft in der Arbeit unserer Hände; Leidenschaft, die uns wandelt in beständige Pilger in unseren Teilkirchen.“

(rv 07.09.2017 ord)








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