2017-09-03 10:22:00

Kardinal Woelki: EU-Flüchtlingsdeal mit Libyen ist zynisch


Die aktuelle Flüchtlingspolitik bringt den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki in Rage. Im Mittelmeer seien schon wieder mehr als tausend Flüchtlinge qualvoll ertrunken, sagte er am Sonntag im Kölner Domradio. „Ertrunken im schönen blauen Badewasser, wo viele von uns gerade noch ihre Urlaubsfreuden hatten. Da kann und will ich nicht zur Tagesordnung übergehen!“

Durch „staatliche und private Initiativen“ seien zwar Zehntausende von Menschen gerettet worden, so Woelki, der sich für den Videobeitrag an den Rhein gestellt und eine moderne Schwimmweste um den Hals gelegt hatte. Doch angesichts der neuen Berichte über Ertrunkene fühle er sich „hilflos“. „Jeder einzelne tote Flüchtling ertrinkt auch in unserer Gleichgültigkeit!“

Manche sagten ihm, dass die Zahl der Flüchtlinge doch „deutlich zurückgegangen“ sei, gerade auf der Route von Libyen nach Italien. „Ja, aber doch nur deshalb, weil Notleidende auf europäischem Boden unerwünscht sind. Die Schutz und Hilfe suchenden Menschen werden jetzt z.B. zurück in die Horrorlager nach Libyen geschafft. Ein Land, wo Flüchtlinge erneut verraten, verfolgt, verprügelt und vergewaltigt werden. Aber wir haben so eine saubere Weste und weniger Flüchtlinge. Ich finde, das ist zynisch!“

Nur noch zwei kleine Hilfsorganisationen patrouillieren vor Libyens Küste, um Migranten aus Seenot zu retten; die sieben anderen haben sich Mitte August zurückgezogen – nicht nur wegen Drohungen der libyschen Küstenwache, sondern auch auf starken Druck des italienischen Innenministeriums hin.

Woelki: „Wenn ich aktuell höre, die privaten Hilfsaktionen würden die Rettung behindern oder hätten gar Schlepper begünstigt, so werde ich richtig ärgerlich. Die vielen ehrenamtlichen Helfer von „Jugend rettet“ oder „MOAS“ sind mit ihren Rettungsschiffen doch erst aufgebrochen, als so viele Menschen im Meer ertranken. Sie haben mit Ihren engagierten Hilfsarbeiten begonnen, weil unsere staatliche und europäische Hilfe halbherzig war und oft viel zu spät kam.“ Der deutschen NGO „Jugend rettet“ wird von Rom vorgeworfen, mit Menschenschleppern gemeinsame Sache gemacht zu haben.

„Auf hoher See ist jeder verpflichtet, Ertrinkende zu retten. SOS – „Save our Souls!“ Jeder von uns kann auch etwas für seine eigene Seele tun, wenn er notleidenden Flüchtlingen hilft. Ganz egal wie und wo – und nicht nur im Mittelmeer. Helfen und Retten – das ist nicht nur ein Auftrag für die christliche Seefahrt!“

(rv/domradio 03.09.2017 sk)








All the contents on this site are copyrighted ©.