2017-08-07 13:38:00

Indien: Schwarzer Tag der Kastenlosen


Es wird ein schwarzer Tag: Black Day. So heißen die Aktionstage für benachteiligte Dalit in Indien. Am 10. August werden Dalit, wie jedes Jahr, einen Black Day veranstalten – Protest gegen nunmehr 67 Jahre der Diskriminierung.

„Im indischen Kastensystem sind die Dalit die Unberührbaren, die Ausgestoßenen“, erklärt uns Pater Devasagaya Raj, Verantwortlicher für die Dalit-Seelsorge der Indischen Bischofskonferenz. „Im 16. Jahrhundert wurden viele von ihnen Christen – aber auch als Christen leiden sie unter demselben sozialen und wirtschaftlichen Ausgeschlossensein. Innerhalb der katholischen Kirche Indiens stellen die Dalit eine Mehrheit dar, mit 65 Prozent. Daher rührt diese Bedeutung der Dalit-Christen.“

Das Wort Dalit bedeutet „gebrochen“. Diskriminiert werden sie schon seit Jahrhunderten. „Darum gibt es ein eigenes Regierungsprogramm, das ihnen Vorrang bei Arbeitsplätzen in Behörden oder im Schul- und Universitätswesen gibt, außerdem Stipendien und wirtschaftliche Vorteile. Von diesen Programmen sind nun allerdings die christlichen Dalit ausgeschlossen, einfach weil sie Christen geworden sind. Das verstößt gegen die Verfassungsvorschrift, nach dem niemand, der kein Hindu ist, als Kastenloser bezeichnet werden darf (Paragraph 3). Das entsprechende Gesetz von 1950 zählt allerdings nur Sikhs und Buddhisten auf, die in den Genuss von Minderheiten-Vorzugsbehandlung kommen dürfen. Dadurch bleiben die Dalit-Christen außen vor.“

Und die Dalit-Christen machen immerhin 2,3 Prozent der gesamten indischen Bevölkerung aus. „Man muss zugeben, dass sogar Christen auf christliche Dalit herabschauen und sie diskriminieren… Vielerorts bildet sich das Kastenwesen auch innerhalb der katholischen Gemeinschaft ab. So gibt es zum Beispiel an einigen Orten zwei christliche Friedhöfe und zwei Sonntagsmessen; in manchen Pfarreien erlaubt man es nicht, dass ein Dalit die Lesung vorträgt. Das alles ist ein Reflex der größeren Diskriminierung, die die Dalit allgemein in der Gesellschaft erfahren.“

Die allgemeine Gesellschaft sehe die Dalit „nicht als menschliche Wesen, sondern als eine Art Tiere“, erklärt Pater Raj. „Darum denken viele: Die kann man angreifen, die darf man sogar töten. Jeden Tag werden irgendwo in Indien Dalit angegriffen und getötet. Und es ist schwierig, dagegen öffentlich die Stimme zu erheben: Das Thema interessiert die Leute nicht, und die Dalit haben keinen, der für sie spricht. Es gibt auch eigentlich keine Gesetze, die sie schützen – jedenfalls werden solche Gesetze nicht angewandt und umgesetzt. Eigentlich weist nur die Kirche immer wieder auf Diskriminierung und Grausamkeiten gegen Dalit hin.“

An einem 10. August, und zwar im Jahr 1950, hat Indiens erster Präsident Rajendra Prasad die umstrittene Verfassungsvorschrift unterzeichnet. Seit 2009 führen deswegen die Indische Bischofskonferenz, der indische Kirchenrat und der Nationalrat von Dalit-Christen immer am 10. August ihren Aktionstag durch.

„Der Black Day fordert Rechte für die Dalit-Christen wie übrigens auch für die Dalit-Muslime ein. Ihnen werden die grundlegenden, in der Verfassung niedergelegten Rechte verweigert. In vielen Bistümern finden dazu am Black Day Veranstaltungen statt, auf denen die Dalit über ihre Lage sprechen. An vielen Orten beteiligen sich auch Muslime an den Demonstrationen und Veranstaltungen.“

(rv 07.08.2017 sk)








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