2017-08-04 13:47:00

Vatikan übt harsche Kritik an Venezuelas Regierung


Die Vorgänge in Venezuela haben den Heiligen Stuhl zu einer seltenen Geste bewogen: In einer offiziellen Mitteilung ruft das vatikanische Staatssekretariat an diesem Freitag die Regierung unter dem sozialistischen Präsident Maduro dazu auf, auf die Verfassungsgebende Versammlung zu verzichten. Initiativen wie diese seien „zu vermeiden oder auszusetzen”, weil sie, „statt Versöhnung und Frieden zu begünstigen, ein Klima der Spannung und des Kampfes anheizen und die Zukunft belasten”, heißt es in der Mitteilung aus dem Vatikan. Erst am Donnerstag hatte Kardinalstaatsekretär Pietro Parolin in einem Interview zu verstehen gegeben, die Diplomatie des Heiligen Stuhl für Venezuela zeichne sich durch leise Töne aus und verfolge eine „proaktive, nicht reaktive Diplomatie“.

Papst Franziskus, so die Mitteilung aus dem Staatssekretariat, verfolge die Ereignisse in Venezuela und ihre humanitären, sozialen, politischen, wirtschaftlichen und auch spirituellen Implikationen aufs Genaueste. Er bete fortwährend für das Land und sein Volk und lade auch die Gläubigen aus aller Welt dazu ein, „intensiv“ für dieses Anliegen zu beten.

Maduro hat die Verfassungsgebenden Versammlung einberufen, um eine Art Gegenparlament zu errichten; das gewählte Parlament ist von der Opposition dominiert. Der Präsident spricht von einer „Versammlung des Friedens", um nach mehr als 120 Toten wieder Ruhe und Ordnung im Land mit den größten Ölreserven herzustellen. Das Gremium soll unter anderem eine neue Verfassung erarbeiten, die Maduro noch mehr Rechte einräumt. Beobachter sehen in den Vorgängen einen glatten Bruch mit der Demokratie.

Lösung nur auf dem Verhandlungsweg

Das Schreiben aus dem Vatikan erinnert Venezuelas Politiker und insbesondere die Regierung daran, dass die Krise über Verhandlungen zu lösen ist. Dabei solle Venezuela sich an den Richtlinien orientieren, die das Staatsekretariat in seinem Brief vom vergangenen 1. Dezember an die Regierung ausgewiesen hatte. Ein grundlegender Punkt in dem Brief betraf die Freilassung der politischen Gefangenen zur Aufnahme von Verhandlungen; doch erst an diesem Dienstag, kurz nach der Wahl zur Verfassungsgebenden Versammlung, waren zwei führende Oppositionspolitiker, die erst kürzlich aus der Haft in den Hausarrest entlassen worden waren, erneut festgenommen worden.

Die Maßnahmen sollten zum Wohl des Volkes ergriffen werden, das unter Nahrungs- und Medikamentenmangel sowie der prekären Sicherheitslage leide. Der Heilige Stuhl wendet sich in seinem Appell jedoch auch an die Gesellschaft als Ganze: diese solle auf jede Form von Gewalt verzichten. Namentlich die Streitkräfte seien dazu aufgerufen, von einem „übertriebenen und unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt“ abzusehen.

Derart deutliche öffentliche Worte in der Politik äußert der Heilige Stuhl selten. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin gilt als ausgewiesener Kenner Venezuelas. Er diente vor seiner Berufung an die Spitze des Staatssekretariats 2013 als Nuntius in Caracas. 

(rv 04.08.2017 cs)








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