2017-08-01 10:56:00

Venezuela: Bischöfe für Wahlen noch in diesem Jahr


Nach der umstrittenen Wahl zur verfassungsgebenden Versammlung am Sonntag fordert die Kirche von Venezuela freie Wahlen noch in der zweiten Hälfte 2017. „Es ist an der Zeit, dem Wunsch des Volkes nach regionalen und nationalen Wahlen noch in diesem Jahr nachzukommen“, sagte der Bischof von San Cristobál, Mario del Valle Moronta Rodríguez, der Tageszeitung „El Nacional“.

Der Bischof greift Präsident Nicolás Maduro scharf an: In der Form, in der dieser die Wahl am Sonntag habe durchführen lassen, sei sie „nicht verfassungskonform“. Maduro habe den Willen des Volkes ignoriert, der sich in einer von der Opposition unlängst durchgeführten Abstimmung ausgedrückt habe. Vielmehr habe er „seine Positionen verhärtet“.

Kardinal Urosa: Regierung trägt Verantwortung für Todesfälle

Moronta, der aus der Hauptstadt Caracas stammt, kritisiert der Zeitung gegenüber aber auch Militär und Sicherheitskräfte. Sie hätten nicht auf Mahnungen, „das Volk, die Verfassung und den Rechtsstaat zu verteidigen“, gehört. „Leider hat sich die Repression verschärft, was zu einer ungewöhnlich hohen Zahl von Toten geführt hat, darunter auch Minderjährige oder Leute, die überhaupt nichts mit den Protesten zu tun hatten“, so der Bischof. Die Verantwortung für die Todesfälle tragen nach seinen Worten „diejenigen, die die Befehle erteilt haben, und die, die nicht auf die Mahnungen gehört haben“. Ähnlich äußerte sich gegenüber derselben Zeitung auch Kardinal Jorge Urosa Savino von Caracas. Die Regierung müsse die Verantwortung für die 15 Todesfälle im Zusammenhang mit der umstrittenen Wahl vom Sonntag übernehmen. „Das ist die Verantwortung des Präsidenten der Republik, des Oberkommandos und der Minister“, sagte Urosa der Zeitung: „Sie müssen dies Gott und den Gerichten erklären.“ 

Das „Recht auf Protest“ sei „kriminalisiert“ worden, der soziale Friede stehe in Venezuela auf dem Spiel, fährt Bischof Moronta in seiner langen Botschaft an die Gläubigen seines Bistums fort. Die Menschen fühlten sich von der Regierung „auf den Arm genommen“, Maduro und seinen Helfershelfern seien „die Not und die prekäre Lage unseres Volkes offenbar egal“.

„Sie sollen nicht sagen, dass das nicht geht“

Bischof Moronta weist darauf hin, dass angesichts der politischen, der Wirtschafts- und Versorgungskrise immer mehr Venezolaner dem Land den Rücken kehren. Allein in den letzten Tagen hätten 150.000 Menschen die Grenze in Richtung Kolumbien überschritten. „Diese Menschen flüchten nicht aus Venezuela, sondern sie haben Hunger und suchen nach den elementarsten Mitteln, um in Würde zu leben“, sagt der Bischof.

Als Ausweg verweist Moronta auf Wahlen: Die vom Regime nicht abgehaltenen Urnengänge auf regionaler und nationalem Level müssten so schnell wie möglich stattfinden. Der Bischof wörtlich: „Sie sollen nicht sagen, dass das nicht geht! So wie sie das Recht gebeugt und die Verfassung manipuliert haben, so könnte man auch einen legitimen und legalen Weg ansteuern, indem man diese Wahlen ansetzt.“ Moronta wendet sich – wie vor einem Vierteljahrhundert der Märtyrerbischof Oscar Arnulfo Romero aus San Salvador – „im Namen Gottes“ direkt an die Armee: Sie solle jetzt „im Einklang mit ihrem Gewissen und in Gottesfurcht handeln“, als „Verteidiger der Demokratie und des Volkes, nicht eines Regierenden, einer Ideologie oder Partei“.

Die zwei wichtigsten Oppositionellen in Haft

Seit Wochen gibt es in Venezuela Massenproteste gegen die sozialistische Regierung. Sie hatte Anfang April vergeblich versucht, das Parlament, in dem die Opposition seit den Wahlen 2015 die Mehrheit hat, auf juristischem Wege zu entmachten. Maduro regiert seit Jahren mit Hilfe von Sonderdekreten und Ausnahmezustand am Parlament vorbei. Zudem sind seitdem keine Regional- und Kommunalwahlen mehr durchgeführt worden, obwohl diese längst überfällig sind. 

Am Sonntag ließ Maduro eine Verfassungsgebende Versammlung wählen, deren 545 überwiegend regierungsnahe Mitglieder nun eine Verfassungsreform ausarbeiten sollen. Die Opposition kritisiert die „Constituyente“ als verfassungswidrig. Nach Angaben der NGO „Foro Penal“ wurden seit Beginn der Proteste mehr als 100 Menschen getötet.

An diesem Dienstag ließ das Regime die zwei bekanntesten Oppositionellen, Leopoldo Lopez und Antonio Ledezma, verhaften; beide standen bislang unter Hausarrest. Ledezma ist der Bürgermeister von Caracas. Insgesamt wurden seit Beginn der Protestwelle am 1. April mehr als 5.000 Menschen in Venezuela verhaftet, meldete „Foro Penal“ am Dienstag. Etwa 500 dieser Verhafteten seien vor Militärtribunale gestellt worden, obwohl sie Zivilisten seien.

(rv/el nacional/kna/afp/efe 01.08.2017 sk)








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