2017-07-26 10:25:00

Frankreich: „Dieser Tod hat das Land verändert“


Frankreich ehrt an diesem Mittwoch den vor einem Jahr ermordeten Priester Jacques Hamel. Am 26. Juli 2016 um neun Uhr morgens waren zwei Terroristen des sogenannten „Islamischen Staates” in die Kirche von Saint-Etienne-du-Rouvray in der Normandie eingedrungen und hatten den betagten Pfarrer am Altar ermordet, wo er soeben die Messe zelebrierte. Am selben Altar feierte am Mittwoch um neun Uhr der Erzbischof von Rouen, Dominique Lebrun, die Gedenkmesse, an der zahlreiche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens teilnahmen, unter ihnen Präsident Emmanuel Macron.

Für Jacques Hamel läuft ein Seligsprechungsprozess. Sein Tod vor einem Jahr hat nicht nur die Stadt verändert, sondern auch Frankreich, sagt Erzbischof Lebrun im Gespräch mit Radio Vatikan. Die Emotion rund um diesen Mord aus Glaubenshass sei nach wie vor sehr lebendig.

„Ich weiß nicht, ob man seinem Martyrium eine andere Bedeutung geben kann als die, die Jesus ihm gegeben hätte: die größte Liebe. Was wir deutlich sehen, ist, dass dieser Tod auf eine ganz erstaunliche Weise Frieden gebracht hat. Wenn es heute widerstreitende Meinungen gibt, also etwa: der Bürgermeister von Saint-Étienne-du-Rouvray ist Kommunist, oder auch die muslimischen Mitbürger, die unseren Glauben an Jesus Christus, Sohn Gottes nicht teilen: aber wir leben diesen Moment wie in einer Familie. Wir können einander die Dinge sagen, über die wir nicht einer Meinung sind, und zugleich sind wir verbunden. Verbunden in einem menschlichen Abenteuer, das ein spirituelles Abenteuer ist.”

Der Tod von Jacques Hamel hat die Menschen langsam verwandelt, sagt der Erzbischof.

„Es hat die Herzen verwandelt, und was im Herzen geschieht, ist schwierig zu beurteilen. Was ich aber wahrnehme ist, dass die Beziehungen sich ändern. Pere Hamel war, wie ich immer sage, ein ganz normaler Priester, das heißt er war gut eingefügt in seinem Ort. Vor kurzem kam der Vorsteher der öffentlichen Moschee zu uns und sagte: Wir haben gefürchtet, dass uns die Katholiken nicht mehr lieben nach diesem Attentat. Das war eine aufrichtige und berührende Szene: da war von Liebe die Rede, vielleicht hätte er dieses Wort vorher im Umgang mit Katholiken nie benutzt, und zugleich sah er, dass das Trauma des Mordes an Pere Jacques Gewalt und Rache auslösen könnte. Wir haben den Muslimen geantwortet, dass wir sie weiterhin lieben wollen.“

Mit Aufmerksamkeit registriert der Erzbischof besonders, was der grausame Mord an dem alten Priester unter Muslimen in ganz Frankreich ausgelöst hat.

„Die ganz große Mehrheit der Muslime sagt heute: dieser Terrorismus, das ist nicht der Islam. Und zugleich sehen sie, dass die Terroristen sich auf den Islam berufen. Hier sehen wir vielleicht eine Wende: es gibt mehr Anstrengungen in den muslimischen Gemeinden, dem Fundamentalismus entgegenzutreten.”

Das Verfahren zur Seligsprechung für Jacques Hamel ist noch in seiner ersten, diözesanen Phase. Unabdingbar zur Aufnahme eines solchen Prozesses ist der Ruf der Heiligkeit des Kandidaten. Pere Hamel war ein einfacher, betagter Priester, der nicht von sich reden machte.

„Was an Pere Jacques berührt, ist seine Einfachheit, und er war genau das, was ein Diözesanpriester im Herzen ist: ein Priester, der täglich die Messe feierte, der treu das Stundengebet betete, Sakramente spendete, taufte und verheiratete und Beerdigungen vornahm, jede Woche die Kinder in Religion unterrichtete. Er lebte sehr einfach. Es gibt heutzutage nicht viele Familien, die so leben würden: ein bescheidenes kleines Heim, das seit 20 Jahren keine frische Farbe an den Wänden hatte; ich schämte mich fast ein wenig zu sehen, wie bescheiden er gelebt hatte. Und das berührt, glaube ich, alle Menschen, die dann irgendwann zu tun haben mit einem Priester wegen einer Taufe oder einer Beerdigung. Sie können diesen Moment des Zuhörens wiederentdecken, den so viele Priester auf der Welt leben.”

(rv 26.07.2017 gs)  








All the contents on this site are copyrighted ©.