Kardinal Gerhard Ludwig Müller kritisiert Medienberichte über die Umstände seiner
Abberufung als Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation. Er selbst habe keine
Gründe für die Nichtverlängerung seiner Amtszeit genannt bekommen. „Je nach der ideologischen
Ausrichtung werden dann irgendwelche Erklärungen zusammenfantasiert, oft auch nur
um Ressentiments abzureagieren", sagte der bayerische Kardinal der Agentur „Kathpress".
Er äußerte sich auch zum Bericht über Gewalt und Missbrauch bei den Regenburger Domspatzen.
Regensburg war Müllers Bischofssitz vor seiner Berufung durch Benedikt XVI. nach Rom.
Mit Blick auf zahlreiche Spekulationen über die Ursachen der unerwarteten Nichtverlängerung
nach fünf Jahren an der Spitze der Vatikanbehörde sagte der Kardinal: „Unser Leben
ist in Gottes Hand, und er führt uns über Höhen und Täler zum Ziel. Darauf ist unser
Blick gerichtet. Ich habe als Kardinal in Rom noch verschiedene Aufgaben."
Im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Übergriffe bei den Regensburger Domspatzen
sehe er keinen Anlass, um Entschuldigung zu bitten, so Müller. Er habe, nachdem 40
bis 50 Jahre nach den Untaten „nichts geschehen war", 2010 unmittelbar nach den ersten
Meldungen über Übergriffe den Aufarbeitungsprozess eingeleitet. Der Missbrauchsbeauftragte
der deutschen Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, hatte am Dienstag nach der
Veröffentlichung des Domspatzen-Abschlussberichts gesagt, er hoffe nun, dass sich
auch der frühere Regensburger Bischof Müller bei den Opfern entschuldigen werde. Dies
wäre für die Betroffenen ein wichtiges Zeichen.
„Strategische, organisatorische und kommunikative Schwächen"
Müller wies darauf hin, dass die Domspatzen keine Stiftung kirchlichen Rechts seien.
„Somit war dies ein Angebot, die zuständigen Personen und finanziellen Mittel der
Diözese Regensburg für diese in ihren Dimensionen noch unabsehbare Arbeit zur Verfügung
zu stellen. Im Abschlussbericht wurde mir ausdrücklich dafür gedankt."
Laut dem Abschlussbericht des Rechtsanwalts Ulrich Weber wurden 547 Regensburger Domspatzen
seit 1945 „mit hoher Plausibilität" Opfer von Übergriffen. Zu Müller hält Webers Bericht
fest, dass der damalige Bischof 2010 den Aufarbeitungsprozess initiierte. Er trage
jedoch die Verantwortung für „strategische, organisatorische und kommunikative Schwächen".
Diese seien erst später unter seinem Nachfolger Rudolf Voderholzer behoben worden.
In einer eigenen Pressekonferenz hatte der Regensburger Generalvikar Michael Fuchs
Versäumnisse eingeräumt. Dies sehe auch Kardinal Müller heute so, hatte Fuchs am Dienstag
betont.
Müller sagte auf Nachfrage dazu, er wisse nicht, ob von Versäumnissen die Rede gewesen
sei. Jedenfalls habe die Diözesanleitung „alles getan, was nach dem jeweiligen Erkenntnisstand
erforderlich war." Im Abschlussbericht sei lediglich von Schwächen in der noch ganz
unübersichtlichen Anfangsphase die Rede. „Im übrigen kann nicht der Bischof in eigener
Person die operative und kommunikative Seite des Gesamtprozesses verantworten, die
in die Zuständigkeit der dazu Beauftragen fällt", so Müller.
(kap 20.07.2017 gs)
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