2017-07-16 12:23:00

Türkei: Christen unter Druck


Der 15. Juli ist in der Türkei ein Feiertag: Gefeiert wird das Scheitern des Militärputsches vor einem Jahr. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan macht seither die Bewegung des im US-Exil lebenden Predigers Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich, bei dem mehr als 260 Menschen ums Leben kamen. Während die türkischen aber auch die internationalen Medien den Schwerpunkt nun auf die Entwicklung nach dem Putsch setzen, ist bei vielen die Lage der Christen in der Türkei wenig bekannt. Sie sind nämlich vermehrt einem starken Druck ausgesetzt, denn die Kirchgebäuden werden in jüngster Zeit vom türkischen Staat übernommen.

Keine staatliche Anerkennung

Wie die Neue Zürcher Zeitung berichtet, habe dies damit zu tun, dass der türkische Staat viele christliche Kirchgemeinschaften nicht anerkenne. Dazu zählt beispielsweise die syrisch-orthodoxe Kirche. Die Christen könnten „ihre Kirchen“ nur indirekt, über Stiftungen, Grundeigentum besitzen. Ein Vertreter der christlichen Diaspora räumt gegenüber der NZZ ein, Differenzen innerhalb der Gemeinschaft hätten dazu beigetragen, dass einige Immobilien, etwa das bekannte Kloster Mor Malke im Tur Abdin, nicht an Stiftungen übertragen worden seien und somit eine "leichte Beute" für den Staat geworden seien. Allerdings erschwere es die behördliche Willkür den dortigen Christen, ihre Eigentumsrechte einzuklagen.

Indirekte Strafe?

Seit dem im vergangenen Juli verhängten Ausnahmezustand wegen des Putschversuches sei es für die Christen kritischer geworden. Das liege nach dem Bericht der NZZ daran, dass die Regierung in Ankara Macht zeigen wolle und deshalb Dutzende Bürgermeister der Demokratischen Partei der Völker (HDP) abgesetzt habe. Diese Partei versteht sich als Vertreterin der Kurden, aber auch anderer Minderheiten – also der Christen. Christliche Dörfer vermuten, dass sie jetzt für ihr Wahlverhalten zugunsten der HDP mit Sanktionen belegt werden, schreibt die Neue Zürcher Zeitung.

Hoffen auf Glaubensgeschwister

Wenn man sich die Zahlen genauer anschaut, so fällt auf, dass in der syrisch-türkischen Grenzregion schätzungsweise 2.500 bis 3.000 syrisch-orthodoxe Christen leben. Tendenz sinkend. Die Gewaltwelle im Südosten des Landes habe auch dazu geführt, dass deutlich weniger Touristen die christlichen Kulturgüter des Hochplateaus besuchen. Dies macht es der stark geschrumpften Minderheit noch schwerer, diese zu unterhalten. Deshalb hoffen die Christen in Türkei auf die Solidarität ihrer Glaubensgeschwister im Westen.

(nzz 16.07.2017 mg)








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