2017-07-12 11:18:00

Motu Propriu „Maiorem hac dilectionem“: Ein Fachmann erklärt


Einen „dritten Weg“ zur Seligsprechung hat Papst Franziskus mit seinem Motu Propriu „Maiorem hac dilectionem“ geschaffen. Von nun an können auch Menschen selig gesprochen werden, die den Tatbestand der „Selbsthingabe“ erfüllen. Doch worin genau liegt die Unterscheidung zwischen den bislang regulären Voraussetzungen heroischer Tugendgrad und Martyrium und dem neuen Verfahren? Das haben wir den Rektor der Päpstlichen Lateranuniversität, Enrico Dal Covolo, gefragt. Er hat im Juni des vergangenen Jahres den Kongress der Heiligsprechungskongregation zum Thema „Hingabe des Lebens“ geleitet.

„Die Kriterien, die der Papst nennt“, erklärt Dal Covolo, „,sind fünf: Das erste und das zweite scheinen mir die relevantesten zu sein. Es muss sich um eine freie und freiwillige Hingabe des Lebens und eine heroische Akzeptanz propter caritatem handeln – das muss man unterstreichen – also als Liebesgabe, aus Liebe zu Gott und zum Nächsten, mit dem sicheren Tod [vor Augen, Anm.], der kurz darauf eintreten muss. Außerdem, und das ist das zweite Kriterium, muss ein Zusammenhang bestehen zwischen der Selbsthingabe und dem frühzeitigen Tod.“

Ebenso wie im Falle des heroischen Tugendgrades muss jedoch im Seligsprechungsprozess ein Wunder nachgewiesen werden, das auf Fürsprache der betreffenden Person erwirkt worden ist. „Das Wunder ist nötig sowohl für die Selig- als auch für die Heiligsprechung“, präzisiert Dal Corvolo, „und natürlich muss es nach dem Tod des Dieners des Herrn und auf seine nachgewiesene Fürsprache hin eingetreten sein.“

Es seien Schwierigkeiten bei bereits gelaufenen Seligsprechungsverfahren gewesen, die den Papst zur Abfassung seines Motu Proprio bewogen hätten, erklärt der Fachmann. Denn es sei mehrfach vorgekommen, dass Prozesse, die zunächst den Nachweis eines Martyriums erbringen sollten, im laufenden Verfahren neu aufgesetzt werden mussten: „Man musste dann auf einen Prozess zum Nachweis des heroischen Tugendgrades umschwenken, der sehr verschieden ist, denn man konnte eigentlich nicht so richtig erkennen, ob es sich um den einen oder den anderen Tatbestand handelte, also ein tugendhaftes Leben oder Martyrium.“

Dal Corvolo nennt ein Beispiel für diesen Konflikt, der im deutschsprachigen Raum vielen ein Begriff ist: der Priester Maximilian Kolbe, der für sein tugendhaftes Leben selig gesprochen wurde, dann aber wegen des Martyriums heiliggesprochen worden ist. „Es liegt auf der Hand, dass es hier sozusagen Verfahrensschwierigkeiten gab. Dieser dritte Weg ermöglicht es, viele mehrdeutige Fälle zu lösen, denn hier braucht man beispielsweise keinen Verfolger, man braucht nicht den odium fidei, also den Glaubenshass, und vor allem ist effusio sanguinis, also der gewaltsame Tod, nicht nötig, der hingegen Grundlage für das Martyrium ist.“

In direktem Zusammenhand mit der Selbsthingabe müsse ein frühzeitiger Tod stehen, der aus Liebe zu Gott und dem Nächsten akzeptiert worden sei, hält Dal Cavolo fest. Dies sei unabdingbar für den Seligsprechungsprozess: „Das könnte man beispielsweise vorbringen bei einigen Fällen eines freiwillig akzeptierten Todes, wenn Hilfe für Pestkranke geleistet wurde, das heißt, wenn das eigene Leben zum Wohl des Nächsten riskiert wurde.“

(rv 12.07.2017 cs)








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