2017-07-04 14:04:00

Libanon: Christen und Muslime für neue Staatsdoktrin


Christen und Muslime machen sich gemeinsam für eine neue Staatsdoktrin im arabischen Raum stark. Eine hochrangig besetzte christlich-islamische Versammlung in Beirut verabschiedete am 2. Juli auf Initiative des maronitischen Patriarchen die sogenannte „Erklärung von Louaizé“, die sich als Weiterführung des Impulses der „Erklärung der Al Azhar-Universität“ vom 1. März versteht. Das Papier regt die Errichtung von arabischen „Staaten ziviler Natur“ an, mit gleichen Rechten und Pflichten für alle Bürgerinnen und Bürger; dies wäre eine Neupositionierung des arabischen Raums in der Frage nach dem staatlichen Selbstverständnis. Der „Staat ziviler Natur“ würde den Vorstellungen der Erklärung zufolge auch die Trennung zwischen Staat und Religion sowie die rechtliche Gleichstellung unabhängig vom Religionsbekenntnis deutlicher herausarbeiten.

Die „Erklärung von Louaizé“ entstand bei einer Tagung christlicher und muslimischer Religionsführer am Wochenende an der katholischen Université Notre-Dame-de Louaizé bei Beirut. Eingeladen hatte der maronitische Patriarch Kardinal Bechara Boutros Rai, berichtet die Stiftung „Pro Oriente" am Dienstag. Ausgangspunkt des Kolloquiums war die „Erklärung von Al Azhar" (Kairo) über Bürgerschaft und Zusammenleben. In der „Erklärung von Louaizé" von 2. Juli wird das Votum von Al Azhar für einen „nationalen Verfassungsstaat" auf der Grundlage der rechtlichen Gleichstellung aller Bürger, für die Hochschätzung der kulturellen und religiösen Pluralität und für die Verwendung des Begriffs „Bürgerschaft" anstelle von „Mehrheit" und „Minderheit" ausdrücklich gewürdigt.

Endgültiger Abschied vom Konzept des „islamischen Staates"

Sowohl die „Erklärung von Al Azhar" als auch die „Erklärung von Louaizé" bedeuten den endgültigen Abschied vom Konzept des „islamischen Staates" - in extremistischer Form wie im „IS", aber auch in gemäßigter Form. Auch Scheich Abbas Choumane, der Stellvertreter des Al-Azhar-Großimams Ahmad al-Tayyeb, verwendete bei seinem Beitrag zum Auftakte des Kolloquiums in Zouk Mosbeh/Louaizé den Begriff „Staat ziviler Natur".

Kardinal-Patriarch Rai persönlich verlas die „Erklärung von Louaizé". Das Papier verpflichtet den Libanon und alle anderen arabischen Länder zur verstärkten Auseinandersetzung mit dem Extremismus. Es sei notwendig, sich auf „Ausgleich und Gleichgewicht" zu konzentrieren und die Zusammenarbeit zwischen religiösen, Bildungs- und kulturellen Institutionen zu stärken, um eine „neue Kultur" zu schaffen. Im Sinne dieser Ziele werde man auch Kontakt mit dem Vatikan und anderen christlichen und muslimischen internationalen religiösen Institutionen aufnehmen.

Libanon soll zu internationalen Zentrum für Dialog der Religionen werden

Der Libanon solle zu einem „internationalen Zentrum für den Dialog zwischen Religionen und Kulturen" werden. Die Erklärung appelliert an die arabischen Länder und an die internationale Gemeinschaft, ernsthaft an der politischen Lösung für die Kriege und Konflikte in Syrien, Irak, Jemen und anderswo zu arbeiten.

(kap 04.07.2017 gs)
 








All the contents on this site are copyrighted ©.