2017-06-29 09:10:00

Kardinal Pell angeklagt, legt vorübergehend Amt nieder


Kurienkardinal George Pell unter Druck: Der Finanzminister des Vatikans wird in seiner Heimat Australien wegen Missbrauchs angeklagt. An diesem Donnerstagmorgen hat er daraufhin vorübergehend sein Amt als Präfekt des Vatikan-Sekretariats für Wirtschaft niedergelegt, um sich in Australien vor Gericht zu verteidigen. Pell, der auch zum K-9, dem Kardinalsrat des Papstes, gehört, beteuerte seine Unschuld.

Vor der Presse in Rom erklärte der Kardinal, er respektiere die Gesetze und halte es für wichtig, nach Australien zurückzukehren, um dort die Vorwürfe vor Gericht ausräumen zu können. Ein Vatikanstatement gibt an, der Papst habe Pell auf dessen Bitten hin eine Auszeit gewährt. Während Pells Abwesenheit von Rom werde das Wirtschaftssekretariat des Vatikans seine Arbeit wie gewohnt fortführen; die Sekretäre blieben im Amt, „solange nicht anders entschieden werde“.

Der 76-jährige Kardinal beteuerte am Donnerstag seine Unschuld. Er weise die Missbrauchsvorwürfe, die sich auf Ereignisse vor mehreren Jahrzehnten beziehen, „komplett“ zurück. „In diesen Angelegenheiten wird schon seit zwei Jahren ermittelt; es gab Durchstechereien an die Medien und eine unaufhörliche Kampagne gegen meinen Charakter. Ich kann es kaum erwarten, die Sache endlich vor Gericht zu klären! Die Vorwürfe sind falsch; allein schon die Vorstellung von sexuellem Missbrauch ist mir ein Gräuel.“

Pell versicherte, er wolle in Australien seinen „guten Namen reinwaschen“ und dann seine Arbeit an der römischen Kurie wiederaufnehmen. Die Justiz des australischen Bundesstaates Victoria hatte Pell am Donnerstag aufgefordert, am 18. Juli als Angeklagter in Melbourne vor Gericht zu erscheinen. Der Kardinal war schon im Oktober letzten Jahres im Vatikan von australischen Beamten zu den Missbrauchsvorwürfen verhört worden.

Den guten Namen reinwaschen

„Ich habe Papst Franziskus, den Heiligen Vater, im Lauf dieser langen Monate regelmäßig informiert, wir sprachen mehrmals miteinander, zuletzt vor einem Tag etwa… Ich bin dem Heiligen Vater sehr dankbar, dass er mir diese Auszeit gibt, damit ich nach Australien zurückkehre. Ich habe auch mit meinen Anwälten und Ärzten darüber gesprochen, wann der beste Zeitpunkt dafür wäre. Ich habe nie einen Zweifel daran gelassen, dass ich diese Vorwürfe, um die es geht, komplett zurückweise. Die Berichterstattung über die Vorwürfe bestärkt mich noch in meiner Entschiedenheit. Jetzt gibt mir das Gericht eine Gelegenheit, meinen Namen reinzuwaschen und dann hierher nach Rom an meine Arbeit zurückzukehren.“

Vatikansprecher Greg Burke trat mit Pell zusammen vor der Presse auf. Er verlas ein Statement des Heiligen Stuhls. „Der Heilige Vater hat in den letzten drei Jahren, in denen Pell an der Kurie arbeitete, seine Ehrlichkeit schätzen gelernt. Er ist ihm für die Zusammenarbeit dankbar, vor allem für seinen energischen Einsatz für Reformen im Wirtschafts- und Verwaltungswesen und für seine aktive Teilnahme im Kardinalsrat.“ Auch der Heilige Stuhl betont seinen Respekt vor der australischen Justiz.

„Zugleich ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass Kardinal Pell seit Jahrzehnten Missbrauch an Minderjährigen offen und wiederholt als unmoralisch und nicht hinnehmbar verurteilt hat. Er hat auch in der Vergangenheit regelmäßig mit den australischen Behörden zusammengearbeitet, den Vatikan bei der Einrichtung einer Kommission für Kinderschutz unterstützt und schon in seiner Zeit als Erzbischof von Sydney Prozeduren zum Kinderschutz und zur Hilfe für Missbrauchsopfer eingeführt.“

Die australischen Bischöfe mahnten am Donnerstag, Pell dürfe jetzt nicht vorverurteilt werden. Es gelte die Unschuldsvermutung, sagte der Vize-Präsident der Bischofskonferenz, Erzbischof Mark Coleridge. 

(rv 29.06.2017 sk)








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