2017-06-27 10:55:00

Papstmesse: „Wir sind keine Gerontokratie“


Vor etwas mehr als 25 Jahren war Jorge Mario Bergoglio ein abservierter Jesuit in der argentinischen Provinz, der keine große Karriere mehr vor sich hatte – scheinbar. Doch dann zog ihn der damalige Erzbischof von Buenos Aires, Antonio Quarracino, aus dem Vergessen: Er war Sohn italienischer Einwanderer wie Bergoglio und schätzte diesen. Quarracino überzeugte sogar Papst Johannes Paul II., der eigentlich auf Jesuiten nicht besonders gut zu sprechen war, Pater Bergoglio zum Weihbischof von Buenos Aires zu machen – und vor genau 25 Jahren wurde Bergoglio also Bischof. Bald darauf wurde er auch zum Kardinal ernannt - die wahlberechtigten Jesuitenkardinäle im Kardinalskollegium konnte man an einer Hand abzählen, besonders bekannt war der mittlerweile verstorbene Mailänder Erzbischof Carlo Maria Martini S.J. und dann gab es auch Kardinal Julius Riyadi Darmaatmadja S.J. aus Jakarta (Indonesien). 

Tempi passati – heute ist Bergoglio Papst. In der Paulinischen Kapelle des Vatikans zelebrierte er an diesem Dienstag eine Messe mit Kardinälen, um sein Bischofsjubiläum zu begehen. In seiner Predigt kam er nicht auf die Verwicklungen vor 25 Jahren zu sprechen; stattdessen sprach er von Abram (später Abraham genannt) und seiner Offenheit für die Verheißungen Gottes. Dreierlei habe der Herr von Abram verlangt: Steh auf, sieh, und hoffe.

„Steh auf! Steh auf, geh los, bleib nicht stehen. Du hast eine Aufgabe, eine Mission, die musst du unterwegs erfüllen. Bleib nicht sitzen – auf die Füße! Und Abram zog los. Immer unterwegs. Ein Symbol dafür ist das Zelt. Das Buch Genesis berichtet, dass er mit einem Zelt unterwegs war, und wenn er anhielt, baute er es auf. Nie hat Abram ein Haus für sich gebaut, solange es diesen Imperativ gab: Steh auf. Nur einen Altar – um den anzubeten, der ihm das Aufstehen, das Losgehen mit dem Zelt befahl. Steh auf!“

Steh auf – sieh – hoffe

Zweiter Imperativ: Sieh. Gott fordert Abram dazu auf, den Horizont mit den Augen auszumessen. „Blick auf den Horizont, bau keine Mauern. Blick immer nach vorn, und geh vorwärts. Die Mystik des Horizonts besteht darin, dass er sich zurückzieht, je mehr man auf ihn zuläuft. Den Blick nach vorne richten, im Gehen, zum Horizont.“

Und dritter Imperativ: Hoffe. Abram habe gegen alle Wahrscheinlichkeit geglaubt, dass Gott ihm tatsächlich einen Erben und eine vielköpfige Nachkommenschaft bescheren werde. „Hoffnung ist ohne Mauern, sie ist reiner Horizont“, so Franziskus.

„Aber als Abram von Gott gerufen wurde, hatte er mehr oder weniger unser Alter: Er war eigentlich schon im Rentenalter... Aber da ging es für ihn erst richtig los. Ein alter Mann mit der Last von Schmerzen und Krankheiten – du, steh auf, geh los! Als ob du ein Pfadfinder wärst – los! Sieh und hoffe. Und dieses Wort Gottes gilt auch uns, die wir ungefähr im Alter Abrams sind. Auch uns sagt der Herr heute: Steh auf! Sieh! Hoffe! Er sagt uns, dass das nicht die Stunde ist, um sein Leben abzuschließen, einen Punkt hinter unsere Geschichte zu machen. Er sagt uns, dass unsere Geschichte offen ist, offen bis zum Schluss. Offen, mit einer Mission. Und mit diesen drei Imperativen zeigt er uns unsere Mission an: Steh auf! Sieh! Hoffe!“

Wir sind Großväter

Übelwollende könnten sagen, dass die Kardinäle und er „die Gerontokratie der Kirche“ seien, fuhr der Papst fort. Doch wer das sage, wisse nicht, was er da rede. „Wir sind keine Geronten: Wir sind Großväter! Großväter. Und wenn wir das nicht innerlich spüren, dann sollten wir um die Gnade bitten, das zu spüren. Großväter – unsere Enkel schauen auf uns. Wir müssen ihnen mit unserer Erfahrung einen Sinn des Lebens vermitteln. Großväter, die nicht melancholisch in sich selbst verschlossen sind, sondern offen. Wir sind gerufen, zu träumen und der Jugend von heute unseren Traum weiterzugeben: Sie brauchen das. Denn unsere Träume werden ihnen die Kraft geben, vorwärtszugehen mit ihrer Aufgabe.“

Der Dekan des Kardinalskollegiums, Kardinal Angelo Sodano, verlas im Namen der anwesenden Kardinäle eine Grußadresse an den Papst. Nach der Messe beglückwünschten die Männer mit den roten Käppchen den Mann, der vor genau 25 Jahren Bischof wurde und jetzt Papst ist...

(rv 27.06.2017 sk)








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