2017-05-31 08:00:00

Brasilien: Aparecida lebt in Franziskus' Pontifikat weiter


Der Geist von Aparecida setzt sich in Franziskus’ Pontifikat fort – so würdigt Guzman Carriquiry, Vizepräsident der Päpstlichen Lateinamerika-Kommission, zehn Jahre nach der historischen Bischofsversammlung von Brasilien Bergoglios Verdienste um die Kirche in Lateinamerika. Carriquiry wirkte bei der 5. CELAM-Generalkonferenz in Aparecida vom 13.-31. Mai 2007 als Berater mit.

Weichen für Lateinamerika…

Der damalige Erzbischof von Buenos Aires, Kardinal Jorge Mario Bergoglio, war auf der Konferenz maßgeblich für die Redaktion des Schlussdokumentes verantwortlich. Die gemeinsam erarbeiteten Leitlinien stellten wichtige Weichen für Lateinamerikas Kirche, die sich einmal mehr zum Dienst an den Armen und zur Anklage von Unrecht verpflichtete. Zwischen Aparecida und Papst Franziskus‘ Apostolischem Schreiben ,Evangelii gaudium‘ gebe es „sehr klare kommunzierende Röhren“, sagte der aus Uruguay stammende Carriquiry anlässlich des Jubiläums in Aparecida gegenüber Radio Vatikan.

„Der Papst sagt ja manchmal, ein bisschen ernsthaft und ein bisschen scherzend, dass ,Evangelii gaudium‘ ein Mix zwischen dem Dokument von Aparecida und ,Evangelii nuntiandi‘ des seligen Paul VI. ist. Nein - ich glaube, dass sein Apostolisches Schreiben viel mehr ist! Es ist das Dokument eines Hirten, der zum universellen Hirten wurde. Er nimmt darin viele Grundprinzipien von Aparecida auf und bietet sie der Weltkirche an, zugleich aber greift er auf das Lehramt der vorherigen Päpste zurück. Wenn man ,Evangelii gaudium‘ liest, erkennt man in gewisser Weise Aparecida, doch ,Evangelii gaudium‘ ist ein universeller Qualitätssprung im Verhältnis zu Aparecida. ,Evangelii gaudium‘ nimmt die Grundachse des Dokumentes von Aparecida auf, und zwar die Begegnung mit Christus.“

…Weichen für die Weltkirche

Kardinal Bergoglio hatte damals vor Bischöfen aus ganz Lateinamerika und der Karibik Leitlinien „missionarischer Jüngerschaft“ formuliert: Der Ruf Jesu müsse Folgen haben für das eigene Leben, sagte er; eine Kirche, die nicht hinausgehe zu den Menschen, werde autoreferentiell und entferne sich von Gott. Carriquiry kommentiert:

„Von der persönlichen und gemeinschaftlichen Begegnung mit Christus ausgehend, zu der das Dokument von Aparecida einlädt, zeigt es ein Volk auf bzw. schlägt es ein Volk vor, das Jünger und Missionar Christi ist und das sich mit der gesamten Realität Lateinamerikas aus christlicher und pastoraler Perspektive auseinandersetzt. Das ist der hermeneutische Schlüssel des Dokumentes von Aparecida.“

Ob Armut oder Drogenhandel, Menschenhandel oder Korruption – in Aparecida kamen alle Probleme des Kontinentes auf den Tisch. Vor allem auf die schwächsten Glieder der Gesellschaft – Jugendliche, Alte und Migranten, Indigene, Strafgefangene und Frauen – richteten die Bischöfe dabei ihren Blick. Ein erklärtes Ziel der Versammlung bestand darin, Lateinamerika zum „Modell für Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden“ zu machen – ein weiter Blick über den Kontinent hinaus, eine Vision für die Zukunft.

Lange Beratungen, doch keinesfalls beliebig

Doch auch ein anderes Merkmal der Generalversammlung von Aparecida sollte im Pontifikat von Franziskus zum Tragen kommen: das synodale Prinzip, das dieser Papst nicht müde wird zu beschwören. Carriquiry:

„Wer an dem Treffen in Aparecida teilnahm, nahm sofort dieses Gefühl der tiefen kollegialen Brüderlichkeit wahr. Unsere Kirche überwand Spannungen, Polarisierungen und schritt dank des Heiligen Geistes voran, da war eine größere Einheit, Harmonie. Grundmerkmal war die synodale Arbeit – und die ist, wie auch Pater Diego Fares in einem Artikel für die Zeitschrift „Civiltà Cattolica“ betont, Kardinal Bergoglio zu verdanken.“

Der damalige Erzbischof von Buenos Aires habe es verstanden, auch angesichts einer überbordenden Vielfalt von Beiträgen und trotz langwieriger Beratungen stets auf ein gültiges Endergebnis zu vertrauen und hinzuarbeiten.

„Die Ergebnisse der Versammlung waren ja am Anfang notwendigerweise sehr ungeordnet… Ich erinnere mich noch, dass ich deswegen sehr unruhig war. Kardinal Bergoglio sagte immer: Wir müssen weiter alle Beiträge der Bischöfe sammeln und die Zeit respektieren, die uns der Heilige Geist vorgibt. Und tatsächlich schrieben die Bischöfe am Ende in ihrem Dokument: ,Der Heilige Geist hat uns langsam, doch entschieden zum Ziel geleitet.‘“

Dass es nicht spurlos an der Kirche vorbeigehen kann, wenn sie sich aufmacht und in einen Dialog mit der Welt eintritt - auch darauf verwies der damalige Erzbischof von Buenos Aires in Aparecida. Missionarische Jüngerschaft impliziert für Jorge Mario Bergoglio auch eine innere Erneuerung der Kirche. So warnte er schon 2007 etwa vor destruktiven Tendenzen in der Kirche wie Ideologisierung, Funktionalismus und Klerikalismus. 

(rv 31.05.2017 pr)








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