Der Prager Priester, Soziologe und Leiter der Christlichen Akademie Tomas Halik
hat Kritik an dem seiner Meinung nach zu zahmen Gebetsaufruf der tschechischen Bischöfe
angesichts der Regierungskrise in der Tschechischen Republik geäußert. Die böhmischen
und mährischen Bischöfe hatten sich mit einer nur drei Sätze langen Erklärung an die
„Brüder und Schwestern und lieben Mitbürger“ gewandt und versichert, sie verstünden
sehr wohl die „Verbitterung der Gesellschaft über die derzeitige ernste politische
Lage im Land“.
Tomas Halik merkte in einem Interview in der Tageszeitung „Lidove noviny“ an, die
früheren Prager Erzbischöfe Josef Beran, Frantisek Tomasek und Miloslav Vlk hätten
„in ähnlichen Situationen nicht gezögert“. Sie hätten sich „bemüht, das bei der Bischofsweihe
geleistete Versprechen einzulösen, das Gute als Gutes und das Böse als Böses zu bezeichnen“.
„Gutes als Gutes und Böses als Böses bezeichnen“
Die Bischöfe hatten am 15. Mai abschließend ihr Gebet für die Entwicklung betont.
Sie forderten die Gläubigen ebenfalls zum Gebet für die Lösung der derzeitigen Regierungskrise
auf und wollten „allen versichern, dass sie die Gedanken der Demokratie unterstützen,
die auf Wahrheit, Gerechtigkeit, wechselseitiger Achtung und Verantwortung im Bewusstsein
basieren, dass Regieren Dienen bedeutet“. Halik äußerte Befremden über die allzu allgemein
gehaltenen Worte.
Weiter sagte er, angesichts dessen, dass es in der Tschechischen Republik keine russischen
Besetzer wie in der Ukraine gebe, dass keine Bomben fallen wie im Nahen Osten und
dass auf den Straßen keine Oppositionspolitiker und Journalisten „liquidiert“ werden,
lebe man hier „verhältnismäßig wie im Paradies“. Doch gebe es „auch hier schon Schlangen
mit verlockenden Äpfeln und vergifteten Versprechungen“.
„Journalisten gehören liquidiert“
Der frühere Dissident und Unterzeichner der „Charta 77“ spielte damit insbesondere
auf Präsident Milos Zeman an, der bei seinem Besuch in Peking am 4. Mai von Journalisten
dabei ertappt worden war, als er gegenüber seinem russischen Gegenüber Vladimir Putin
äußerte: „Sind hier noch andere Journalisten anwesend? Es gibt zu viele Journalisten,
die gehören liquidiert.“ Putin habe etwas pikiert gekontert: „Liquidieren muss man
sie nicht, ihre Anzahl reduzieren aber schon.“
Eine solche Äußerung gegenüber einem Politiker, in dessen Land Journalisten ermordet
werden, sei absolut unzulässig, sagte Halik. Wer solches unternehme, gleiche dem „Staatsmann
eines demokratischen Landes, der nach Berlin gefahren wäre und gegenüber dem Führer
die launige Bemerkung hätte fallen lassen, die Juden müssten liquidiert werden“.
(kap 24.05.2017 sk)
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