2017-05-22 15:03:00

Die neuen Kardinäle des Papstes: Eine Einordnung


Überraschend hat Papst Franziskus am Sonntag nach dem Regina Coeli-Gebet eine Vergrößerung des Kardinalskollegiums bekannt gegeben: Am 28. Juni will er fünf neue Purpurträger kreieren. Die fünf designierten Kardinäle liegen auf Franziskus‘ Linie: Außer dem Erzbischof von Barcelona kommen sie alle vom „Rande“: aus dem lutherischen Schweden, aus Mali, Laos und El Salvador. Wie die Auswahl einzuordnen ist, kommentiert Pater Bernd Hagenkord für Radio Vatikan.

Mit Anders Arborelius, dem Bischof von Stockholm, wird zum ersten Mal ein Schwede Kardinal. Hat sich der Papst diesen Kandidaten bei seinem letzten Schwedenbesuch näher angesehen?

P. Hagenkord: „Davon gehe ich mal aus. Der Papst war ja zu einem ökumenischen Event dort, aber die schwedische Kirche steht ja für mehr als „nur“ die Ökumene mit den Lutheranern dort. Die schwedische Kirche ist uns sozusagen voraus, weil sie eine sehr internationale Kirche ist. Es gibt dort Katholiken, die sind Schweden, aber auch sehr viele Menschen mit Migrationshintergrund. Das sind sehr internationale Gottesdienste überall im Land. Und es ist eine Minderheitenkirche, weil das Land ja säkularisiert ist - was ja auch auf uns zukommt. Schweden ist an sich auch, wenn man das so sagen will, an der Peripherie Europas gelegen. Von daher hat Kardinal Arborelius der Kirche da einiges zu sagen.“ 

Für Aufsehen dürfte auch die Entscheidung des Papstes für den Weihbischof Gregorio Rosa Chávez aus El Salvador sorgen. Könnte damit mehr Bewegung in die Heiligsprechung von Oscar Romero kommen?

P. Hagenkord: „Ich deute das eher umgekehrt: Nämlich als Bestätigung des Kurses. Ich glaube, die Heiligsprechung wird kommen – da braucht es keine Kardinalserhebung dafür. Aber Weihbischof Rosa Chavez hat sich in den letzten Jahrzehnten immer wieder für die Seligsprechung Romeros, die Anerkennung Romeros überhaupt als Märtyrer – nicht als politisches Opfer, sondern eben als heiligen Märtyrer – eingesetzt. Er hat immer wieder auf Gerechtigkeit gesetzt. Chavez hat diese Themen immer wieder in Latein- und Zentralamerika stark gemacht. Von daher glaube ich, ist das eine Bestätigung. Auch wenn es sicherlich für den residierenden Bischof von San Salvador alles andere als angenehm ist, wenn er einen Weihbischof hat, der erstens 15 Jahre älter ist und zweitens auch noch Kardinal wird. Es zeigt aber irgendwie, dass das dem Papst so wichtig war, dass er diese Unbequemlichkeit in Kauf nimmt.“

Die neuen Kardinäle für Laos und Mali leben in Ländern, wo Christen bzw. Katholiken eine absolute Minderheit sind. Auf welche Brennpunkte richtet Franziskus damit seinen Blick?

P. Hagenkord: „Das ist sicherlich auch noch einmal das Thema der Peripherie. Der Papst sagt ja, man sieht die Realität der Welt besser, wenn man vom Rand aufs Zentrum schaut. Das ist bei ihm nicht nur ein Spruch, sondern er meint es tatsächlich so. Und deswegen ernennt er Leute, die von der Peripherie, also von außen, auf die Länder schauen, wo die Entscheidungen getroffen werden - zum Beispiel auf den reichen Westen oder China. Diese Perspektive ist dem Papst sehr wichtig und deswegen möchte er, dass diese Perspektive da sitzt, wenn es darum geht, einen neuen Papst zu wählen – das ist ja das, was die Kardinäle vor allem tun. Diesen Blick möchte er eben dabei haben. Man darf das aber nicht überbewerten, die Peripherie ist zwar schon wichtig, aber wenn man sich anschaut, wen er von der Peripherie ernennt, dann sind es immer auch Leute, die etwas Besonders haben. Zum Beispiel sind das welche, die sich für Umweltfragen einsetzen, wie der neue Kardinal aus Laos. Das sind Dinge, die eben auch noch dazukommen. Es ist nicht nur die Periphere, nur weil er da herkommt, wird er Kardinal. Es ist die Kombination zwischen Peripherie und thematischer Ausrichtung.“

Mit dem Purpur für Barcelona besetzt Franziskus eine große europäische Erzdiözese mit einem Kardinal – das war vor seinem Pontifikat üblich. Wie ist diese Wahl zu bewerten?

P. Hagenkord: „Man kann, wenn man Bischof einer großen, wichtigen Stadt in Europa ist, nicht davon ausgehen, dass man auch Kardinal wird. Das ist die Botschaft. Die gilt aber vor allen Dingen für ein Land: Italien. Da gibt es ja klassische Kardinalstädte, wie Turin und Venedig, die unter Franziskus aber noch immer keinen Kardinal haben. Natürlich ist es aber wichtig, dass die Leute mit viel Verantwortung, die auch komplexen Bistümern vorstehen, Kardinäle werden. Der Papst hat Städte wie Madrid, jetzt Barcelona und vorher Brüssel mit Kardinälen besetzt. Besser gesagt, den dortigen Bischöfen den Kardinalshut gegeben, wie auch seinem eigenen Nachfolger in Buenos Aires. Es ist also nicht so, dass diese Städte und Bischöfe diskriminiert würden, aber das italienische Übergewicht – das es durchaus gegeben hat und auch noch gibt – wird sukzessive abgebaut.“

(rv 22.05.2017 pr/ord)








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