2017-05-20 09:28:00

„Sinnvolle Neutralität“: Berliner Debatte um religiöse Symbole


„Das Berliner Neutralitätsgesetz ist so, wie es ist, gut“: In der Debatte um eine Lehrerin in Berlin und das Tragen von christlichen Symbolen als Ausdruck des eigenen Glaubens ergreift der Generalvikar des Erzbistums Berlin differenzierend das Wort.

In Berlin debattiert man einen Fall, bei dem einer Lehrerin verboten wurde, ein Kreuz als Zeichen ihres Glaubens bei der Arbeit zu tragen. Es sei zu groß und nicht mehr bloß Schmuck. Jetzt trägt sie ein Fisch-Symbol, Zeichen der frühen Christen für ihren Glauben. Eine Sprecherin der Berliner Bildungsverwaltung sagte Berliner Medien, dass die Lehrerin auch dieses Symbol abnehmen müsste, so es sich um ein religiöses Symbol handle. Grundlage für diese Entscheidungen ist das so genannte Neutralitätsgesetz, das die rot-grüne Koalition 2005 verabschiedet hatte und das jetzt in die Debatte gekommen ist.

Neutralitätsgesetz, Kreuz und Fisch

Er jedenfalls sei nicht dafür, dass das Berliner Neutralitätsgesetz geändert würde, sagt Generalvikar Pater Manfred Kollig im Gespräch mit Radio Vatikan. Ihm sei es wichtig, das Anliegen des Gesetzes von 2005 zu verstehen. „Menschen dürfen nicht den Eindruck haben, sie würden benachteiligt, weil sie eine andere Überzeugung vertreten, oder sie würden manipuliert“, nennt Pater Manfred eines der Anliegen. „Dieses Anliegen muss man hochhalten und verteidigen.“

Es gehe noch lange nicht um die Frage, ob das Gesetz geändert werden müsse, „ich persönlich sage ganz klar, das Gesetz von 2005 zur Auslegung des Artikels 29 der Landesverfassung ist so, wie es ist, gut. Die Frage ist, wie wir damit umgehen und wie wir es auslegen.“ Im Fall von Konflikten etwa bei Justiz oder Polizei oder bei Bewertungen wie etwa in der Schule dürfe auf keinen Fall der Eindruck entstehen, es könne zu Benachteiligungen auf Grund von Glauben oder Überzeugungen kommen.

Wie viel Neutralität tut gut?

„Ich wünsche mir, dass wir öffentlich darüber debattieren, wie viel Neutralität uns gut tut, hier in der Stadt und im Land Berlin, aber es könnte auch ein guter Beitrag zur Diskussion sein, die ja weit über Berlin hinaus geht“, zieht Pater Manfred einen weiteren Bogen. Es gehe nicht nur um die Botschaft, also um den Träger etwa eines Kreuzes, sondern auch darum, wie das auf andere wirke. Aus der Vergangenheit und den 70er Jahren zitiert Pater Manfred die Sitte von Lehrern, Partei-Aufkleber auf den Taschen zu haben und ihre politische Gesinnung öffentlich zu machen, ganz und gar nicht neutral. Das wünsche er sich nicht zurück, als Schüler hoffte man damals ganz natürlich auf Bevorzugung, wenn man selber auch so einen Aufkleber gehabt habe. Das sei Manipulation.

„Wenn ich in einem Konflikt bin und mich eh schon unterlegen fühle, habe ich immer schon den Verdacht, dass der andere, der eine andere Überzeugung zeigt, mich jetzt benachteiligen wird, man werde also nicht mehr gerecht behandelt. Mein Wunsch hier ist, zu schauen, wo Neutralität sinnvoll ist.“

Das andere Extrem dürfe dabei aber auch nicht aus dem Blick geraten, nämlich eine „gefährliche Neutralität“: „Wo verbannen wir Überzeugungen nur noch ins Private und kommen dadurch auch gar nicht mehr über unsere Überzeugungen ins Gespräch, über das, was uns wertvoll ist und unser Denken und Fühlen und Reden prägt.“

Die Religiosität des Symbols Kreuz

Pater Manfred wirbt ausdrücklich für den christlichen Gehalt des Symbols Kreuz: Für Christen sei es Zeichen des Heils, nicht Statussymbol oder Zeichen, „um auszudrücken, wer hier bei uns im Land das Sagen hat“. Natürlich stehe es auch für die Grundlage der Werte unserer Gesellschaft, „man kann nicht einfach sagen, dass in unserer Geschichte jede Religion gleich wichtig ist“. Pater Manfred nennt zum Beispiel die Unantastbarkeit der menschlichen Würde, das entspreche dem christlichen Menschenbild, „von daher hat natürlich das Symbol des Kreuzes für uns eine ganz wichtige Bedeutung.“

Wenn ihm jemand mit Kreuz entgegen trete, würde er sich dann wohlfühlen, wenn dieser Mensch zum Ausdruck bringen wolle, dass Jesus etwas mit seinem Leben zu tun habe. Dasselbe gelte auch für Orte, das müssten Orte sein, die für Gebet und Glauben stünden. „Ich fürchte mich immer davor, dass ein Kreuz nur noch Dekoration ist oder Plakat und man meint, dass ersetzt dann die eigene Überzeugung oder die eigene Glaubwürdigkeit oder das, was mich in meinem Innern bewegt.“

(rv 20.05.2017 ord)








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