2017-05-12 12:17:00

Südsudan: Derzeitige Lage ist humanitäres „Pulverfass“


Die Welt schaut (mal wieder) auf Somalia: Eine internationale Geberkonferenz in London bemüht sich seit Donnerstag, die drohende Hungersnot im Land mit Finanzhilfen zu bekämpfen. Doch auch in den Nachbarstaaten spitzt sich die humanitäre Lage immer weiter zu. Im Südsudan droht die nächste Katastrophe. Und dort ist die Ursache nicht der Klimawandel.

Schon lange haben Experten gewarnt: Im afrikanischen Staat Südsudan droht eine Versorgungskrise. Schon bald könnten Millionen Menschen nichts mehr zum Essen haben. Stefanie Frels, Expertin für den Südsudan beim Kindermissionswerk „Sternsinger“, war erst vor wenigen Wochen selbst im Südsudan und ist durch ihre Projektpartner laufend über die Situation vor Ort informiert. Sie sagt im Interview mit Radio Vatikan:

„Genau das ist jetzt eingetreten. Bedingt durch mehr Kämpfe an den verschiedenen großen Verbindungsstraßen sind Versorgungsstränge behindert und zum Erliegen gekommen, sodass vor allem die Zahl der hungernden Kinder massiv ansteigt.“

Expertin Frels schätzt, es seien 1,1 Millionen Kinder, die derzeit Hunger litten. Insgesamt geht man von davon aus, dass im Südsudan 5,5 Millionen Menschen von akutem Nahrungsmangel betroffen sind – das ist genau die Hälfte der gesamten Bevölkerung des Landes. Die Gründe für diese drohende Hungersnot im Südsudan sind, anders als beispielsweise in Somalia, nicht Dürre und der Klimawandel. Das Land ist eigentlich fruchtbar und nicht von Trockenheit betroffen. Vielmehr führen Kämpfe um die politische und militärische Macht in dem Land zur aktuellen humanitären Krise, erklärt Stefanie Frels.

„Wir reden hier nicht von Buschkämpfen, sondern von militärischen Bewegungen - bis hin zu Kampfjets, die über die Stadt Rumbek im Zentrum des Südsudans fliegen. Dort gibt es jetzt auch Kämpfe. Die Folge ist, dass die Versorgungsroute in die Hauptstadt Juba abgeschnitten ist. Dazu kommen noch kleinere Kämpfe und alte Rivalitäten zwischen Viehhirten um Land, Weide und Wasser.“

Im Jahr 2005 dachten viele internationale Beobachter und auch Südsudanesen noch, Kriege und Konflikte würden der Vergangenheit angehören. Damals nämlich erklärte sich der Südsudan nach einem Bürgerkrieg vom Sudan für unabhängig. Doch 2013 eskalierten die Kämpfe im Südsudan wieder – bis heute bekämpfen sich der Präsident des Landes und sein früherer Vizepräsident gegenseitig. Die Staatengemeinschaft habe seit der Unabhängigkeit zu lange zugeschaut, sagt auch Stefanie Frels. Sie sei jetzt mit massiven Lebensmittellieferungen gefordert, denn:

„Bei Nahrungsmittelkrisen ist es ja so, dass Menschen das allerletzte gegessen haben. Deswegen gibt es nichts mehr zum Neuanpflanzen. Einerseits macht es die Sicherheitslage in vielen Gebieten des Südsudans schwierig, Felder großflächig anzubauen und zu bewirtschaften. Anderseits ist es gar nicht mehr möglich, den kleinen Garten vor der Hütte am Stadtrand zu bewirtschaften, weil nichts mehr da ist, was die Menschen in die Erde setzen könnten.“

Die Folge: Immer mehr Menschen verlassen das Land, fliehen in die Nachbarstaaten oder noch weiter weg. Stefanie Frels spricht von einer der größten Flüchtlingskrisen in Afrika. Hoffnung auf schnelle Lösung der Probleme und auf ein Ende der humanitären Not hat sie kaum.

„Das Land ist extrem anfällig. Wenn nicht an den Ursachen, die nicht von außen kommen, sondern landesspezifische Konflikte sind, gearbeitet wird, ist der Südsudan ein Pulverfass, das jederzeit wieder explodieren kann“, warnt sie.

Und das, obwohl der Südsudan eigentlich die „Kornkammer“ für die ganze Region Ostafrikas sein könnte – doch das ist nur möglich, wenn innenpolitische Feindschaften beendet werden und die Kämpfe nicht mehr Landwirtschaft und Versorgungswege zerstören.

(rv 12.05.2017 fr)








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