2017-05-11 11:27:00

Papstmesse: „Sklaverei ist Todsünde“


Die Heilsgeschichte ist ein Weg, den Gott mit dem Volk zusammen zurücklegt. Das ist ein für Papst Franziskus typischer Gedanke; bei der Frühmesse an diesem Donnerstag hat er ihn in der Santa-Marta-Kapelle im Vatikan einmal mehr entfaltet. „Gott hat sich im Gang der Geschichte offenbart“… Typisch Franziskus: Betonung auf „im Gang“.

„Heilige und Sünder“ gehen zusammen den Weg zur „Fülle der Zeiten“, so Franziskus. Zur, wie er präzisierte, „zweiten Fülle der Zeiten“, die erste war die Zeit der Menschwerdung Gottes. „So kommt auch die Kirche voran, mit so vielen Heiligen und so vielen Sündern, immer zwischen Gnade und Sünde.“

Der Weg ist nicht das Ziel, er hilft uns vielmehr dabei, das Ziel immer klarer ins Auge zu fassen. „Um zu verstehen, um den Glauben zu vertiefen, um die Gebote besser zu begreifen.“ Auf diesem Weg durch die Zeit kann es nach Darstellung des Papstes durchaus passieren, dass das, „was früher normal und nicht als Sünde erschien, heute hingegen Todsünde ist“.

„Dasselbe gilt für die Todesstrafe“

„Denken wir an die Sklaverei: Als wir zur Schule gingen, haben sie uns da erzählt, was man mit den Sklaven machte. Wie man sie fing, sie verkaufte, auch in Lateinamerika. Das ist eine Todsünde – h e u t e  sagen wir das. Damals sah man das anders. Damals sagten einige: Das ist erlaubt, weil diese Leute ja gar keine Seele haben. Man musste erst weitergehen, um den Glauben und die Moral besser zu verstehen. – Oh, Padre, gut, dass es heute keine Sklaven mehr gibt! – Doch, die gibt es, sogar mehr noch als früher! Aber wenigstens wissen wir heute, dass das eine Todsünde ist. Wir sind vorwärtsgegangen. Dasselbe gilt für die Todesstrafe, die früher mal normal war. Und heute sagen wir, dass sie nicht zulässig ist!“

„Die dritte Fülle der Zeiten: unsere“

Und auch für „religiöse Kriege“ gelte dasselbe, fuhr Franziskus fort, ohne diesen Punkt weiter auszuführen. Es seien die vielen „verborgenen Heiligen“, die unterwegs dafür sorgten, dass dem Volk Gottes vieles klarer werde. Durch die Worte des Papstes schimmerte deutlich die Definition durch, die das Zweite Vatikanische Konzil von der Kirche gegeben hat: Die Kirche ist das Volk Gottes, unterwegs durch die Zeit.

„Das Volk Gottes ist unterwegs. Immer. Wenn das Volk Gottes stehenbleibt, dann wird es zu einem Gefangenen, wie ein Esel im Stall. Dann versteht es nichts, kommt nicht voran, vertieft seinen Glauben, seine Liebe nicht, reinigt nicht seine Seele... Aber es gibt noch eine dritte Fülle der Zeiten: unsere. Jeder von uns ist auf dem Weg zur Fülle seiner e i g e n e n Zeit. Jeder von uns wird an den Punkt der Fülle der Zeiten gelangen, dann wird sein Leben enden, und er wird den Herrn finden. Und das ist unser Moment. Unser persönlicher Moment. Den wir erleben, während wir auf dem zweiten Weg sind, hin zur zweiten Fülle der Zeiten des Volkes Gottes. Jeder von uns – unterwegs... Gott hat sein Volk u n t e r w e g s auserwählt und geliebt, immer.“

Wir sollten uns doch einmal tief im Innern fragen, ob wir daran glauben, dass „die Verheißung Gottes unterwegs ist“, riet der Papst. Und bei der Beichte sollten wir uns bewusst machen, „dass das jetzt ein Schritt auf dem Weg zur Fülle der Zeiten ist“. Gott um Vergebung zu bitten sei „nichts Automatisches“: „Es bedeutet, zu begreifen, dass ich auf dem Weg bin. Inmitten eines Volkes auf dem Weg. Und dass ich eines Tages – vielleicht heute, morgen oder in dreißig Jahren – den Herrn von Angesicht zu Angesicht sehen werde, der uns nie allein lässt, sondern uns auf dem Weg begleitet. Überlegt mal: Wenn ich zur Beichte gehe, denke ich dann an diese Dinge? Dass ich auf dem Weg bin? Dass das ein Schritt zur Begegnung mit dem Herrn ist, ein Schritt zu m e i n e r Fülle der Zeiten? Und das ist das große Werk der Barmherzigkeit Gottes...“

(rv 11.05.2017 sk)








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