2017-05-06 14:26:00

„Mutter aller Bomben? Ich habe mich geschämt“


Kriege und Gewalt, Umweltprobleme, Ausbildung zum Frieden – über diese Themen hat sich Papst Franziskus an diesem Samstag mit etwa 7.000 Schülerinnen und Schülern aus ganz Italien unterhalten. Die Audienz im Vatikan war Höhepunkt eines nationalen Schülertreffens für den Frieden.

Der Papst antwortete auf einige Fragen, die ihm die jungen Leute stellten. Dabei stellte er unserer Zeit das Zeugnis aus, dass sie erschreckende Zerstörungstendenzen aufweist.

„Es wächst – es ist gewachsen und es wächst zwischen uns. Das ist vielleicht ein wenig übertrieben, aber ich sage es mal: eine Kultur der Zerstörung. Gott hat den Menschen und die Welt geschaffen, damit wir etwas aufbauen, damit etwas wächst, hat uns Intelligenz gegeben… aber an einem bestimmten Punkt ist etwas passiert, eine Kultur der Zerstörung begann. Es ist wahr, das ist nichts Neues, es begann bei der Eifersucht Kains gegenüber seinem Bruder, den er erstach… Doch heute gibt es viel Grausamkeit.“

Zumindest sei diese Grausamkeit heute sichtbarer als früher – vor allem wohl, weil man jeden Tag in den Medien mit ihr konfrontiert werde.

Kinder hungern, dabei ist die Welt voller Reichtum

„Gestern gab es in einer Zeitung das Foto von hungrigen, ganz dünnen Kindern, man sah ihre Rippen, und dabei ist doch die Welt voll von Reichtümern, so dass man ihnen zu essen geben könnte! Was passiert da? Das ist ein Alarm, den wir wiederholen und sagen müssen. Auch im Fernsehen sehen wir diese Dinge, denn die guten Dinge, die es gibt, sind keine Nachrichten. Es scheint, dass wir nur Elend und Zerstörung sehen, denn das wird gekauft. Gott hat uns geschaffen, um aufzubauen. Um Leben zu schaffen. Aber es gibt auch den Vater des Kriegs, den Vater der Zerstörung…“

Franziskus spielte auch auf den Abwurf einer verheerenden Bombe über einem Dorf in Afghanistan an. Mit einer Sprengkraft von etwa elf Tonnen TNT ging die neue US-Regierung unter Präsident Donald Trump Mitte April gegen mutmaßliche Kämpfer der Terrorgruppe Islamischer Staat vor. „Ich habe mich geschämt für den Namen einer Bombe: Mutter aller Bomben. Man stelle sich vor: Eine Mama schenkt doch eigentlich Leben – und diese bringt den Tod! Und wir nennen so einen Apparat Mama? Was ist da los?“ Ende Mai wird der Papst Donald Trump im Vatikan empfangen.

„Mild sein heißt nicht dumm sein“

Franziskus beantwortete aber nicht nur Fragen, sondern stellte auch selber eine. Wenn heute nicht mehr Mann und Frau im Zentrum des „Systems“ stehen, um wen kreist das System denn dann? Antwort eines Jugendlichen: „Um das Böse, das Geld, die Macht.“ Dem stimmte der Papst zu. Der Geldgott schwinge heute das Zepter; Waffen-, Drogen- und Menschenhandel prägten deshalb das Bild, „nicht nur auf fernen Kontinenten, sondern hier in Europa, hier in Italien“.

Man dürfe aber auch nicht ausblenden, dass es viel Gutes gebe, so der Papst: So viele Menschen gäben ihr Leben für die anderen, „so etwas bleibt oft unsichtbar“. Davon sollten sich gerade junge Menschen heute inspirieren lassen. Der Papst forderte seine Zuhörer eindringlich auf, sich jedweder verbaler Gewalt zu enthalten und sich um eine Haltung der Milde zu bemühen. „Mild sein heißt nicht dumm sein! Es heißt: Die Sachen friedlich und ruhig sagen, ohne zu verletzen. Sie auf eine Weise sagen, die nicht wehtut. Die Milde ist eine Tugend, die wir neu lernen, die wir in unserem Leben wiederfinden müssen.“

Das TV-Duell, bei dem keiner dem anderen zuhörte

Beredt trat Franziskus auch dafür ein, dass man anderen zuhören, sie ausreden lassen müsse. Und er sagte ein paar Sätze, die sich womöglich auf die beinharte Fernsehdebatte in Frankreich zwischen Marine Le Pen und Emmanuel Macron vor ein paar Tagen beziehen. „Ich sage das jetzt nicht als Papst, sondern als jemand, der davon gehört hat, was in einem Fernsehduell vor einer Wahl kürzlich passiert ist. Wo war denn da der Dialog? Die haben sich mit Steinen beworfen! Der eine ließ den anderen nicht ausreden. Es fielen auch heftige Worte… Dialog. Wenn man auf so einem hohen Niveau nicht in der Lage ist, in einen Dialog einzutreten, dann ist das eine sehr große Herausforderung, zum Dialog zu erziehen!“

(rv 06.05.2017 sk)








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