2017-05-05 13:04:00

Vatikan: „Medienreform an einem guten Punkt“


Die Reform des vatikanischen Medienapparates ist „an einem guten Punkt“. Die größte Herausforderung liege nun darin, die auf dem Papier entworfenen Strukturen mit Leben zu füllen und auf die Realität herunter zu brechen. Das sagt einer, der es wissen muss: Markus Schächter, ehemaliger Intendant des ZDF und Honorarprofessor für Medienethik an der Hochschule für Philosophie in München ist eines der 16 Mitglieder des päpstlichen Mediensekretariates. 13 Bischöfe und Kardinäle aus der Weltkirche und drei profilierte Laien sind es, die in diesen Tagen zur ersten Vollversammlung des Sekretariates zusammen gekommen sind. Gemeinsam mit der Führungsriege des vor zwei Jahren neu gegründeten Medien-Dikasteriums besprechen sie bereits erreichte Reformen und zukünftige Schritte. Wir haben Markus Schächter gefragt, an welchem Punkt er die Reform derzeit verortet.

„Sie ist angeschoben und steht vor einer entscheidenden Weichenstellung. Die Architektur steht, jetzt beginnt die Umsetzung, die berühmte Implementierung. Mein Rat als einer, der etwa im ZDF zehn Jahre lang als Intendant gewirkt hat und auch solche Projekte für die Zukunft anzustoßen hatte, ist: Kommunizieren, kommunizieren, kommunizieren!“

650 Mitarbeiter finden sich nun unter dem Dach des neuen Mediensekretariats im Vatikan, darunter sind beispielsweise die Mitarbeiter von Radio Vatikan, aber auch des Printmediums Osservatore Romano, des Fernsehsenders CTV und die Vatikandruckerei LEV. Viele verschiedene Kompetenzen und Kulturen, die unter einen Hut gebracht werden müssen. Bei der Kommunikation sei da vor allem eines wichtig, meint Schächter: „Auch die Fehler zugeben, die man macht und die Probleme, die man hat. Also Kommunikation ist ein Schlüsselwort für das, was jetzt beginnt. Wobei man einen sehr ambitionierten Plan hat: In vier Jahren will man aus vielen Medien ein Multimedia-System gebaut haben. Wäre toll, wenn das klappte. Sieht so aus, als sei man auf einem guten Weg.“

Markus Schächter ist einer von nur drei Laien, die als Mitglieder des Mediensekretariates von Papst Franziskus berufen wurden. Dies bedeute auch, dass sich die Aufmerksamkeit der Medien stark auf ihn konzentriere, schmunzelt er:

„Als die drei ,Außenseiter´ sind wir die drei Interessanten, wir werden angefragt, wenngleich die anderen 13 außerordentlich interessante Leute sind. Zum Beispiel der Kardinal von Haiti, der eine ganz andere Sicht von kommunikativer Notwendigkeit hat als beispielsweise ein Bischof aus Spanien. Beide aber vereint die Vorstellung: Wir müssen effektiver kommunizieren. Kirche ist Kommunikation. Überhaupt ist unser Leben im Zeitalter einer digitalen Revolution noch viel stärker von der Kommunikation geprägt als es bisher der Fall war.“

Kommunikation steht vor großen Herausforderungen

Kommunikation, die gerade zur Zeit auch mit negativen Entwicklungen umgehen muss: Fake News, Medien als Sprachrohre der Mächtigen und widersprüchliche Informationen in der Medienlandschaft führen zu einem merklichen Vertrauensschwund der Rezipienten, von dem auch populistische Bewegungen profitieren. Wir wollten von Markus Schächter wissen, ob mit der angestrebten Homogenisierung der vatikanischen Kommunikation auch die journalistische Freiheit in der Berichterstattung in Gefahr sein könnte:

„Das wäre sehr schade. Ich glaube, wir alle 16 in diesem neuen Gremium sind der Meinung: Das darf auch nicht nur einen Anschein von Entwicklung in diese Richtung haben, sondern die Qualität einer Information, die immer eine Qualität einer unabhängigen Information sein muss, wird so weitergehen. Ohne Qualität wird dem kein Erfolg beschieden sein.“

Journalistische Professionalität und Hingabe an die Sache seien die Pfunde, mit denen der Vatikanjournalismus wuchern könne, zeigt sich Schächter überzeugt. Dies müsse auch in Zukunft so bleiben. Ganz ohne Opfer werde die Reform aber nicht abgehen, warnt der Medienfachmann auch mit Blick auf das viel zitierte Papstwort der „milden Gewalt“ aus seiner Ansprache an das Mediensekretariat. Ganz wörtlich sei dies natürlich nicht zu nehmen:

„Hier geht es um etwas radikal Neues. Etwas, das an der Wurzel neu geändert werden muss. Und wo sich keiner ausruhen kann. Sondern wo alle mitwirken müssen und auch geschubst werden müssen. Die Präfekten, die das Ganze anzuleiten haben, müssen geschubst werden: Kommunizier' mit uns, sag uns, wohin aus deiner Sicht die Reise geht. Umgekehrt müssen diejenigen, die meinen, sie hätten seit 20 Jahren eine gloriose Art von wichtigen Privilegien, auch angeschoben werden. Ich glaube, das war [mit dem Wort der Gewalt, Anm. d. R.] gemeint und das radikale Umdenken, nämlich aus einer vielleicht etwas gemütlichen Form von Kommunikation eine effektive Form von Kommunikation zu machen.“

„Der Papst ist einer der besten Kommunikatoren der Welt“

Schächter zieht ein positives Resümee der ersten Plenarsitzung des noch jungen Dikasteriums, in das er berufen worden ist. Zwar hätten sich viele unterschiedliche Charaktere zusammenfinden müssen, doch die Hingabe an die ihnen anvertrauten Aufgaben habe die unterschiedlichen Mitglieder der Gruppe schnell zusammenwachsen lassen. Einfacher mache ihnen die Mammutaufgabe die Persönlichkeit des Papstes, meint Schächter:

„Viele sagen, und ich bin auch dieser Meinung, die Kirche habe den besten Kommunikator der Welt. Aber ein mittelmäßiges Kommunikationsmanagement.“

Der radikale Umbau der Strukturen biete auch eine große Chance, sich für die Zukunft fit zu machen, so die Einschätzung des Medienfachmanns. Zwar stehe mit dem Papst ein weltweit und über Religionsgrenzen anerkannter Kommunikator an der Spitze der Kirche. „Aber dafür braucht man auch ein toll funktionierendes Kommunikationsunternehmen, um das weltweit in der digitalisierten, globalen Welt umzusetzen.“ Diese beiden Seiten der Medaille gemeinsam mit den anderen Mitgliedern des Kommunikationssekretariates und allen an der Reform Beteiligten, nicht zuletzt den betroffenen Mitarbeitern, besser zusammenzuführen, dafür stehe er gerne ein, so Schächter. 

(rv 05.05.2017 cs)

 








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