2017-05-05 12:39:00

Frühmesse: Hinter Strenge verbirgt sich oft ein Doppelleben


Auch heute gibt es in der Kirche Menschen, die mit moralischer Strenge ihre eigenen Verfehlungen bemänteln. Das betonte Papst Franziskus an diesem Freitagvormittag bei der Morgenmesse in der Casa Santa Marta. Bei seinen Überlegungen ging er von der ersten Lesung aus der Apostelgeschichte aus. Darin wird die Bekehrung des gegen die Christen wütenden Saulus beschrieben.

Das erste Mal, so Papst Franziskus, werde der Name des Saulus im Zusammenhang mit der Steinigung des heiligen Stephanus genannt. Saulus war nach Darstellung des Papstes ein „junger Mann, steif und idealistisch“, der „überzeugt“ war von der Unbeugsamkeit des Gesetzes. Doch bei all seiner Strenge sei er dennoch „ehrlich“ gewesen. Jesus hingegen habe die Strengen verurteilt, die „nicht ehrlich waren“: „Das sind die Strengen mit dem Doppelleben: Sie sorgen dafür, dass sie in gutem Licht dastehen, als ehrliche Menschen, aber wenn keiner hinschaut, dann tun sie üble Dinge. Dieser junge Mann hingegen war ehrlich: Er glaubte das wirklich.“ Wenn er dies sage, fuhr der Papst fort, dann denke er an viele junge Menschen, die auch heute der Versuchung der Strenge verfallen: „Heute, in der Kirche... Einige sind ehrlich, sie sind gut; wir müssen dafür beten, dass der Herr ihnen dabei helfe, auf dem Weg der Sanftmut zu wachsen.“

Andere hingegen nutzten diese Strenge dazu, ihre Schwächen und Sünden zu bemänteln und sich über die anderen zu erheben. Saulus, der in dieser Strenge aufgewachsen sei, habe gar nicht anders gekonnt, als die Häresie, derer er die Christen bezichtigte, zu verfolgen. Doch wenigstens, so der bittere Kommentar des Papstes, habe Saulus „die Kinder am Leben gelassen: heutzutage nicht einmal das...“ Auf der Straße nach Damaskus sei es dann zur Begegnung mit Jesus gekommen, zur Bekehrung. Aus Saulus werde Paulus, der den Herrn bis zum Ende verkünde und für ihn leide.

„Und so predigt dieser Mann aufgrund der eigenen Erfahrung zu den anderen, von einer Seite auf die andere wechselnd: verfolgt, mit vielen Problemen, auch in der Kirche... Er hat auch darunter leiden müssen, dass die Christen untereinander stritten.“

Doch er, der die Christen einst mit aller Härte des Gesetzes verfolgt habe, sei schließlich zu einem der größten Verkünder Gottes geworden. 

„Das ist der Weg des Christen: vorwärts gehen in den Spuren, die Jesus hinterlassen hat, Spuren des Predigens, Spuren des Leids, die Spur des Kreuzes, die Spur der Wiederauferstehung. Bitten wir zu Saulus heute auf besondere Weise für die Strengen, die in der Kirche sind; für die Unbeugsam-Ehrlichen, so wie er, die pflichteifrig sind, aber in die Irre gehen. Und für die scheinheiligen Strengen, die mit dem Doppelleben, die, über die Jesus zu seinen Jüngern sagte: Tut das, was sie sagen, aber nicht das, was sie tun... Beten wir heute für die Strengen.“

(rv 05.05.2017 cs)








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