2017-04-28 17:30:00

Papst an Kopten: „Euer Leid ist auch unser Leid“


Ein klares Bekenntnis zur Ökumene hat Papst Franziskus nach Ägypten mitgebracht: Er besuchte den Patriarchen der koptisch-orthodoxen Kirche, Tawadros II., und betonte dabei, wie wichtig es ist, ein gemeinsames Zeugnis für Christus abzulegen. Das Treffen fand am Amtssitz des Patriarchen in unmittelbarer Nähe der Sankt-Markus-Kathedrale statt. Die Gegend war am vergangenen 11. Dezember Schauplatz eines Terroranschlages gegen Christen mit 29 Toten gewesen. Nach der Begegnung und der Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung gingen Papst und Patriarch die wenigen Meter in die Kirche Peter und Paul, dem unmittelbaren Ort des Anschlags, und beteten gemeinsam für die Märtyrer.

Zunächst zogen sich der Papst und der Patriarch zu einer Unterredung hinter verschlossenen Türen zurück, danach hielten beide eine Ansprache vor ihren Delegationen und einigen Besuchern. Ausführlich ging Papst Franziskus in seiner Rede auf die Gemeinsame Erklärung der beiden Kirchen aus dem Jahr 1973 ein. „Nach einer jahrhundertelangen, schwierigen geschichtlichen Entwicklung, in der theologische Unterschiede entstanden sind, die von nichttheologischen Faktoren und von einem zunehmend allgemeinen Misstrauen genährt und verstärkt wurden“, sei man durch diese Erklärung dem gemeinsamen Zeugnis für Christus näher gekommen, so Papst Franziskus.

In der Nachfolge Jesu könne man nicht daran denken, jeweils „für sich auf seinem Weg voranzuschreiten“, so der Papst weiter. Dank der Erklärung und anderer ökumenischer Schritte „ist es uns nicht mehr möglich, uns hinter den Vorwänden unterschiedlicher Interpretationen und auch nicht hinter Jahrhunderten einer Geschichte und von Traditionen, die uns einander entfremdet haben, zu verstecken. Wie Seine Heiligkeit Johannes Paul II. hier sagte: In dieser Hinsicht dürfen wir keine Zeit verlieren!“, so der Papst, auch wenn der Weg nicht immer geradlinig sei.

Mit Blick auf Episoden von Christenverfolgung betonte der Papst, der gemeinsame ökumenische Weg sei „getragen von einer Ökumene des Blutes“. „Erst kürzlich ist leider das unschuldige Blut wehrloser Gläubiger auf grausame Weise vergossen worden“, griff der Papst die Attentate auf koptische Christen vom Palmsonntag auf. „Lieber Bruder, eure Leiden sind auch unsere Leiden. Setzen wir uns dafür ein, uns der Gewalt zu widersetzen, indem wir das Gute predigen und säen und so die Eintracht wachsen lassen und die Einheit bewahren.“

Gebet für die Märtyrer: Einschusslöcher noch deutlich zu sehen

Nach den Reden unterzeichneten der Papst und der Patriarch einer gemeinsame Erklärung, in der sie sich darauf verpflichten, die Taufe wechselseitig anzuerkennen. Danach gingen beide in einer kurzen Prozession in die nahegelegene Petrus-Kirche und beteten gemeinsam für die getöteten Christen Ägyptens. In der Kirche warteten bereits Angehörige aller anderen in Ägypten vertretenen christlichen Konfessionen, erhöht im Altarraum nahmen der Papst und der Patriarch sowie weitere Kirchenführer Platz, unter ihnen Patriarch Bartholomaios, das Ehrenoberhaupt der Orthodoxie.

Lange Klagegesänge durchzogen das Kirchenschiff, an den Marmorsäulen waren deutlich die Einschusslöcher des Attentats vom Dezember zu sehen, bei dem ein 22jähriger Ägypter 29 Gottesdienstbesucher erschoss, die meisten von ihnen Frauen und Mädchen. Abwechselnd Vers für Vers verlasen der Papst und die übrigen Kirchenführer die Seligpreisungen Jesu nach Matthäus. Zum Abschluss hielten alle im Vorraum der Kirche inne, wo eine Gedenkstätte mit Bildern und Namen an die Opfer des 11. Dezember erinnert; Franziskus legte Blumen nieder, sprach ein Gebet und entzündete eine Kerze.

Auffallend scharf waren die Sicherheitsvorkehrungen in dem christlichen Viertel Kairos, in dem dieser Doppeltermin des Papstes stattfand. Franziskus und Tawadros waren bei ihrer Prozession vom Patriarchat zur Kirche von mehr als einem Dutzend Sicherheitsleute eng umringt. Bevölkerung war keine zugelassen, der gesamte Bereich war offenbar großräumig abgeriegelt.

(rv 28.04.2017 ord/gs)








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