2017-04-28 12:36:00

Koptischer Bischof: Mehr Schutz für Christen in Ägypten


Zu mehr Schutz für Kopten gegen Terrorismus in Ägypten hat am Tag der Papstreise nach Kairo der koptische Bischof in Deutschland aufgerufen. Die Papstreise bietet nach Ansicht von Bischof Anba Damian Muslimen auch die Gelegenheit, sich stärker als bisher von Gewalt zu distanzieren und den Terror gegen Christen klarer zu verurteilen. Zudem hofft der koptische Bischof, der im koptisch-orthodoxen Kloster Hoexter residiert, auf eine weitere Annäherung der katholischen und der koptischen Kirche. Damian sagtean diesem Freitag im Gespräch mit Radio Vatikan:

Annäherung bei der Tauffrage?

„Wir haben die große Hoffnung, dass die Kirchen zu weiteren Annäherungen kommen. Da ist das Thema Taufe im Gespräch - es ist eine Notwendigkeit, die gegenseitige Anerkennung der Taufe zu vollführen. Ehrlicherweise muss man in aller Klarheit sagen, dass unsere (koptische) Taufe überall anerkannt wird und keinen Menschen zwingt, sich als koptische Christen wieder taufen zu lassen...“

In der koptischen Kirche dagegen werden noch immer nicht einige Aspekte der katholischen Tauftheologie akzeptiert: Tritt ein Katholik zur koptischen Kirche über, wird er deshalb nochmals – bzw. in koptischer Diktion erstmals – getauft. Bischof Damian hofft darauf, dass der Papstbesuch in Ägypten hier Fortschritte bringen kann. Laut Beobachtern hat sich der Koptenpapst Tawadros II. gegenüber seinen eigenen Bischöfen für eine Anerkennung der katholischen Taufe stark gemacht, in dieser Frage aber bislang starken Gegenwind bekommen.

Schutz für Christen: Regierung zu lasch

Bischof Damian versteht die Papstvisite in Kairo als Zeichen der Solidarität mit den Kopten in Ägypten, die zuletzt wieder Ziel blutiger Anschläge wurden – Franziskus wolle mit seinem Besuch auf den „Schutz und die Würde der koptischen Christen“ in ihrem Heimatland verweisen. Bereits unmittelbar nach den Attacken vom Palmsonntag habe sich der Papst seinen koptischen Geschwistern auf einfühlsame Weise nahe gezeigt, so Damian:

„Papst Franziskus hat die passenden Worten gefunden, als unsere Kirchen, St. Peter und Paul am 11. Dezember und jetzt am Palmsonntag 2017 die Kirchen St. Georg und die Markuskathedrale in Alexandria, wo Papst Tawadros zelebrierte, attackiert und bombardiert worden sind. Er hatte die passenden Worte gefunden, um zu kondolieren und seine Anteilnahme zum Ausdruck zu bringen.“ In diesem Kontext wolle der Papst „der Welt zeigen“, dass die beiden Kirchen „zueinander gehören - wenn ein Glied leidet, dann leidet der ganze Körper. Wir sind ein intakter Körper Christi und uns trennen keine Konfessionsgrenzen und keine Nationalitäten!“

Mit Blick auf den fortwährenden Terror gegen die christliche Minderheit im Land am Nil würde sich der koptische Bischof mehr Einsatz der ägyptischen Regierung wünschen, um die Christen vor Gewalt zu schützen: „Wenn die Regierung in der Lage ist, eine sichere Reise für Papst Franziskus in Ägypten zu ermöglichen, dann muss sie wohl in der Lage sein, auch den Sicherheitsstandard für die Kopten in ihrem Vaterland zu verbessern! Wir haben das Gefühl, dass relativ lasch gehandelt wird. Nach Möglichkeiten wird alles sehr schnell unter den Teppich gekehrt und die Weltöffentlichkeit in die Irre geführt, indem man Unwahrheiten erzählt, dass die Angriffe nicht nur die Kopten betreffen, sondern das gesamte Volk. Man versucht, mit blumiger Sprache die Welt zu trösten, was absolut nicht treffend ist. Ich wünsche mir, dass der Besuch des Papstes das System wach rüttelt, dass sie den Sicherheitsstandard verbessern.“

Zudem müsse Ägyptens Führung nach Ansicht des koptisch-orthodoxen Geistlichen Hasspredigern aktiv etwas entgegensetzen und Korrekturen innerhalb der islamischen Lehre vornehmen. Selbst in den Schulbüchern würden immer noch falsche Ideen verbreitet, so der Bischof. Damian ortet bei der ägyptischen Regierung nur halbherzige Versuche , Toleranz und Respekt gegenüber Christen in Ägyptens muslimischer Gesellschaft wirklich voranzubringen:

„Kein Mensch wurde als Krimineller geboren - wir sind als Ebenbilder Gottes zur Welt gekommen. Und nur durch die absurde Lehre und durch die Hasspredigten und durch das grausame Lehrmaterial in den Schulbüchern werden die Menschen zu Terroristen umfunktioniert, und das muss aufhören und muss sich ändern. Und dazu gehört Mut, die Fakten zu nennen, wie sie sind und einfach mal eine ehrliche Diagnose zu definieren, damit auch eine ordentliche Therapie stattfinden kann. Wir haben das Gefühl, es wird nicht an der Ursache gearbeitet, sondern nach Möglichkeit möchte man nur das Image des Landes nach außen so schön wie möglich halten, ohne dass man daran arbeitet…. – sodass ich der festen Überzeugung bin: Solange man nichts tut als Prophylaxe (gegen Gewalt, Anm.), wird man in Zukunft über ähnliche Fälle (der Gewalt gegenüber Kopten) hören und lesen und erleben.“

Klarere Abgrenzung von Gewalt notwendig

Papst Franziskus wurde u.a. vom sunnitischen Groß-Imam Al-Tayyeb nach Kairo eingeladen – groß sind die Hoffnungen auf einen effektiven Schulterschluss des Heiligen Stuhls und des gemäßigten Islam gegen den islamistischen Terrorismus. Von muslimischer Seite erhofft sich Bischof Damian eine klarere Abgrenzung von der Gewalt als bisher geschehen: Die Stimme der „moderaten, ehrlichen Muslime“ müsse lauter werden, das vorgeblich im Namen von Religion begangene Unrecht klarer benannt werden.

„In der islamischen Welt sind sehr viele vernünftige, intelligente, aufgeklärte, muslimische Experten, die immer für die Reformation der islamischen Lehre werben. Es ist absolut wichtig, den Islam von der Gewalt zu trennen, den Islam vom Terrorismus zu befreien. Die islamischen Institutionen müssen klare Sprachen sprechen in Bezug auf ISIS. Bis zu diesem Augenblick wurden keine islamischen Terroristen verurteilt! ISIS ist nicht als eine terroristische Gruppe deklariert. Bis zu diesem Augenblick muss eine ganz klare Sprache gesprochen werden, sonst werde das Bild weltweit vermittelt, dass Gewalt und Religion voneinander untrennbar sind - und diesen Zustand darf man den Muslimen nicht zumuten. Es muss wirklich Vernunft und Weisheit geben, indem man klare Sprache spricht, in Bezug auf die Trennung zwischen Islam und Gewalt.“

Die islamische Universität al-Azhar sei „die älteste und größte sunnitische Universität der Welt“, erinnert der Bischof. Dies sei eine riesige Chance, Frieden und Religionsdialog in der Welt voranzubringen. Al Azhar nutze diese Chance jedoch nicht, kritisiert Damian: „Es werden 450.000 Imame im Jahr ausgebildet, das heißt die Verantwortung für die Lehre liegt nur in den Händen von al-Azhar. Wenn dort Frieden vermittelt wird, dann geht von dort aus Frieden in die ganze Welt und umgekehrt. Deswegen ist die höchste Institution, die die Verantwortung für den Frieden in unserer heutigen Welt trägt, al-Azhar. Und man kann mir nicht sagen, ich müsste immer wieder Lob aussprechen, wo kein Lob hingehört. Es gehört Reformation dahin, sonst hört die Gewalt nicht auf! Die Terroristen, die wir in Europa immer wieder Terroristen nennen, sind in den Augen der Gelehrten keine Terroristen. Die tun das, was sie in ihren Lehrbüchern gelernt haben und das sage ich nicht als ein Christ, der in Europa lebt, sondern das sagen auch die aufgeklärten, intelligenten Muslime, die ihre eigene Tradition ausführlich studiert haben und als Experten in der ganzen islamischen Welt gelten. Zu diesen Menschen muss man gehen und ihnen zuhören, damit der Islam als eine Religion des Friedens deklariert werden kann. Wenn das nicht geschieht, was soll ein Dialog helfen?“

Franziskus' Regensburger Rede?

Auslöser für zeitweilige Spannungen zwischen der Al-Azhar-Universität und dem Vatikan war vor Jahren die Regensburger Rede des deutschen Papstes. Die Ausführungen von Benedikt XVI. über die Rolle der Gewalt im Islam provozierte die islamische Welt und brachte zugleich einen fruchtbaren Dialog zwischen Christentum und Islam ins Rollen. Welchen Akzent wird sein Nachfolger Papst Franziskus setzen? Der Papst werde auf jeden Fall die richtigen Worte finden, zeigt sich Bischof Damian überzeugt:

„Papst Franziskus ist ein Diplomat - Papst Franziskus ist ein Staatspräsident. Sein Besuch hat eine politische Dimension, eine ökumenische Dimension und auch eine pastorale Dimension. Er ist ein fabelhafter Politiker, und er findet die sanfte Sprache, um Menschen zu trösten, Frieden zu stiften. Aber manchmal muss man auch eine ehrliche und vernünftige Sprache sprechen, denn eine der Eigenschaften Gottes ist die Wahrheit, und die Wahrheit darf man zu keinem Zeitpunkt umgehen, um Menschen zufrieden zu stellen. Gott ist die Wahrheit, und die Männer Gottes müssen auch in der Wahrheit leben und die Wahrheit klar aussprechen. (…) Papst Tawadros sagte, Papst Franziskus ist vom Heiligen Geist erfüllt. Wenn das der Fall ist, dann möge der Heilige Geist dem Papst die Worte zum richtigen Zeitpunkt geben… Er ist von Gott berufen worden, und wir sind der festen Überzeugung, dass er – so wie bei seinem bisherigen Dienst – die passenden Wörter zum richtigen Zeitpunkt findet.“

(rv/kap 28.04.2017 pr)








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