2017-04-20 14:52:00

Pakistan: Imame fordern exemplarische Hinrichtung Asia Bibis


Pakistanische Imame fordern eine sofortige „exemplarische“ Hinrichtung der seit sieben Jahren inhaftierten Christin Asia Bibi. Das berichtet der römische Pressedienst „Asianews“. Die Exekution der in einer Todeszelle wegen angeblicher „Blasphemie“ Inhaftierten würde die justizkritischen Stimmen im Land „beruhigen“, so die Argumentation. Denn nach Meinung mehrerer landesweit bekannter islamischer Prediger sei der in der Vorwoche wegen „Blasphemie“ gelynchte 23-jährige Student Mashal Khan aufgrund eines seit langem aufgestauten „Volkszorns“ getötet worden. Die Menschen seien erzürnt, weil Hinrichtungen nach dem 1986 eingeführten Blasphemie-Paragraphen nicht vollzogen würden, so die Imame.

Asia Bibi ist das prominenteste christliche Opfer des ominösen Blasphemie-Gesetzes. Sie ist seit 2009 in Haft. Auch die Päpste Benedikt XVI. und Franziskus haben sich für ihre Freilassung eingesetzt.

Vor Kameras rechtfertigte Mufti Muhammad Haneef Qureshi in der Vorwoche den jüngsten Lynchmord an einer Universität: „Wenn Sünder, die von Gerichten als Gotteslästerer verurteilt wurden, keinen Strafaufschub gewährt bekämen, würden Studenten nicht mehr so handeln. Die Menschen haben eben wegen der Nachlässigkeit der Institutionen den Glauben an den Staat verloren. Vorfälle wie die an der Wali Khan Universität werden sich wiederholen, solange die Menschen sich in ihren religiösen Gefühlen beleidigt fühlen.“

Pakistanische Bischöfe verurteilen die „verdrehte Argumentation“

„AsiaNews“ gegenüber verurteilte Father Emmanuel Yousaf Mani, Direktor der Nationalen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden (NCJP) der Pakistanischen Bischofskonferenz, die „verdrehte Argumentation“ des Muftis und der Imame: „Sie sollten diese Realitäten betrachten und die Menschen davon abhalten, das Gesetz in die eigenen Hände zu nehmen. Die Moscheen sollten vielmehr diesen provokativen Ankündigungen Einhalt gebieten.“

Ebenso wie der Mufti forderten andere Imame, dass das Todesurteil gegen Asia Bibi vollstreckt wird. Im Denken dieser Muslime wären staatlich vollzogene Hinrichtungen die beste Form der Abschreckung gegen Ausbrüche von Massengewalt.

Auf diese Weise rechtfertigten die islamischen Führer den schrecklichen Vorfall von vergangener Woche auf dem Universitätscampus von Mardan, wo der 23-jährige Mashal Khan zu Tode verurteilt wurde, weil er Kommentare zugunsten des Ahmadi-Glaubens auf Facebook veröffentlicht hatte.

Pervez Khattak, Chefminister der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, sagte, dass es keine Beweise gebe, die Khans „Schuld" bestätigen würden. Mittlerweile verhaftete die Polizei 22 Personen, die der Beteiligung am Lynchmord verdächtigt wurden. Die Justiz erhob Anklage gegen zwei Imame von Swabi, dem Geburtsort von Mashal Khan. Sie hatten versucht, die Feier seiner Beerdigung zu verhindern.

Father Mani würdigte die Position eines anderen muslimischen Führers, Shaikh Saleh Bin Muhammad Ibrahim, Imam der Großen Moschee in Mekka. Er hatte diejenigen kritisiert, die falsche Anschuldigungen der Blasphemie lieferten. „Der Islam ist eine Religion des Friedens" - sagte er -, „der Vergebung, der Toleranz. Die Gläubigen müssen auf die beste und gewissenhafteste Art geführt und belehrt werden."

In den vergangenen Tagen gab die Justiz- und Friedenskommission auch eine Pressemitteilung heraus, die „die Regierung Pakistans drängt, die Verantwortlichen für diesen Hass und extreme Gewalt vor Gericht zu stellen". Die Unterzeichner - darunter Father Mani und der Bischof von Faisalabad, Joseph Arshad - argumentierten, dass „solche Gewalt und solches barbarisches Verhalten inakzeptabel sind". In Anwesenheit des Gesetzes sei niemand berechtigt, das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen. Darüber hinaus müsse „hasserfülltes und diskriminierendes Material aus den Schultexten entfernt werden, wenn wir eine friedliche und tolerante Gesellschaft schaffen wollen". Die Universität müsse kritisches Denken fördern und die Meinungen anderer akzeptieren, unabhängig vom Glaubenbekennnis. „Wir müssen unseren Studenten die Tugenden der Toleranz, Koexistenz und Akzeptanz lehren", so das Manifest.

54 gewaltbereite islamistische Organisationen

„Kathpress" gegenüber beklagte die pakistanische Menschenrechtsaktivin und Anwältin Aneeqa Anthony am Mittwoch die weitere Verschärfung des Klimas in ihrer Heimat, das immer stärker von Islamismus und Minderheitenhass geprägt sei. Mittlerweile gebe es bereits 54 gewaltbereite islamistische Organisationen mit Verbindungen zu den Taliban oder zum IS, und diese würden ihre Krakenarme weit in die örtlichen Moscheen hinein ausstrecken.

Die Angst der Höchstrichter vor einer Revision des Falles von Asia Bibi - das Revisionsverfahren wurde bereits mehrfach verschoben - sei ein Zeichen für die fortschreitende Radikalisierung, so Anthony. In dieser Situation müsse man bereits dankbar sein, wenn der Fall Asia Bibi mit einem Urteil zu lebenslänglicher Haft ende. Dies würde de facto 14 Jahre bedeuten.

Die pakistanische Menschenrechtsanwältin Aneeqa Maria Anthony, selbst Katholikin, vertritt vor Gericht auch die Interessen von überlebenden Kindern von Lynchmordopfern. Lynchmorde allein aufgrund eines Verdachts der Gotteslästerung ereigneten sich bereits mehrfach seit Einführung des Blasphemie-Gesetzes unter Präsident Zia ul-Haq im Jahre 1986. Auf Grundlage des Gesetzes werden überproportional Angehörige von religiösen Minderheiten verfolgt.

Anthony hatte im vorigen Jahr sogar die Gelegenheit, mit Papst Franziskus im Rahmen einer Audienz über den Lynchmord-Fall zu sprechen. Sie überbrachte ihm einen bemalten Ziegelstein als Symbol der Unterdrückung vieler Christen in ihrer Heimat, die in Ziegeleien in der Sklaverei ähnlichen Verhältnissen schuften. Als Studentin gründete sie bereits ihre eigene Organisation für rechtliche und humanitäre Hilfe, The Voice Society, in ihrer Heimatstadt Lahore im Punjab.

(kap 20.04.2017 pr)








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