Abtreibung, aktive Sterbehilfe, Leihmutterschaft: Bioethische Fragen spielen im
Wahlkampf in Frankreich eine große Rolle. Die fünf aussichtsreichsten Kandidaten haben
unterschiedliche Ansichten zu diesen Fragen. Die extremsten und vom christlichen Mainstream
am weitesten entfernten Positionen vertritt dabei der linke Kandidat Jean-Luc Melenchon.
Allerdings prägen diesmal andere Fragen das Wahlverhalten der Katholiken. Nach einem
skandalreichen Wahlkampf ist der Ausgang offen, und die sonst tendenziell einigen
Katholiken sind diesmal gespalten.
Der Republikaner-Kandidat Francois Fillon (63) will das sogenannte Taubira-Gesetz
verändern, das gleichgeschlechtlichen Paaren Adoptionen erlaubt. „Ein Kind ist immer
das Ergebnis eines Vaters und einer Mutter“, schrieb Fillon in einem Brief an die
französischen Bischöfe. Das erst kürzlich verabschiedete Gesetz, das Betreiber von
Internetseiten mit „irreführenden Informationen“ gegen Abtreibung bestraft, will er
wieder abschaffen.
Macron will Zugang zu Abtreibung erleichtern
Der unabhängige Kandidat Emmanuel Macron (39) will die Debatte über aktive Sterbehilfe
anregen. Zudem kündigte er an, dass er einer Öffnung von künstlicher Befruchtung für
gleichgeschlechtliche weibliche Paare positiv gegenübersteht. Macron bezog im Gegensatz
zu Fillon und Melenchon nicht klar Position zur Leihmutterschaft. Den Zugang zu Abtreibung
will er erleichtern, um bessere Familienplanung zu ermöglichen.
Marine Le Pen (48), Kandidatin des Front National, will die Ehe für gleichgeschlechtliche
Paare durch eine „bessere“ eingetragene Partnerschaft ersetzen. Sie spricht sich gegen
aktive Sterbehilfe und eine Legalisierung von Leihmutterschaft aus. Auch das Abtreibungsgesetz
will sie nicht verändern.
Benoit Hamon (49), Kandidat der Sozialisten, will künstliche Befruchtung für Alleinstehende
und gleichgeschlechtliche weibliche Paare öffnen. Zentren, die Abtreibung und Familienplanung
durchführen, will er ausbauen. Zudem will er ein „Recht auf medizinische Hilfe zum
Sterben in Würde“ für Menschen mit einer unheilbaren Krankheit.
Der linke Kandidat Jean-Luc Melenchon (65) will ein Recht auf assistierten Suizid
in die Verfassung schreiben, ebenso ein „Recht auf Abtreibung“. In jedem Krankenhaus
soll es nach seinem Willen ein Abtreibungszentrum geben; die Kosten sollen übernommen
werden. Künstliche Befruchtung will er für jede Frau zugänglich machen.
Kann Fillon trotz seiner Skandale katholische Wähler überzeugen?
Traditionell stimmen Frankreichs Katholiken mehrheitlich für den Kandidaten der
Republikaner. 2012 holte der frühere Staatspräsident Nicolas Sarkozy 79 Prozent der
Stimmen der regelmäßig praktizierenden Katholiken in der Stichwahl gegen Francois
Hollande. Anders diesmal: Mehrere Skandale ließen den republikanischen Kandidaten
Francois Fillon wackeln. Dazu kommt die Konkurrenz durch den unabhängigen Kandidaten
Emmanuel Macron und die Kandidatin des rechtspopulistischen Front National, Marine
Le Pen.
Die katholischen Bischöfe riefen in einem 60 Seiten langen Positionspapier zur gesellschaftlichen
Lage im Land dazu auf, sich mit den Programmen der Kandidaten auseinanderzusetzen.
Zu Beginn der Bischofsvollversammlung im März hielt der Vorsitzende, Erzbischof Georges
Pontier von Marseille, ein Plädoyer für Demokratie und gegen den Front National, ohne
die Partei allerdings beim Namen zu nennen.
Am Sonntag sind alle Franzosen über 18 Jahre aufgerufen, einen neuen Staatspräsidenten zu wählen. Erhält keiner der elf Kandidaten in der ersten Runde die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen, findet am 7. Mai eine Stichwahl statt.
(kap 20.04.2017 gs)
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