2017-04-14 13:51:00

Ägypten: Christen lassen sich nicht einschüchtern!


In Ägypten ziehen die Osterfeierlichkeiten trotz der Sorgen vor weiteren Anschlägen zahlreiche Menschen in die Kirche. Das sagt der Sprecher der katholischen Kirche im Land, Pater Rafic Greiche. Es herrsche „Ruhe“, doch die Christen ließen sich „nicht einschüchtern“, zitiert die Nachrichtenagentur Asianews Pater Rafic. Westliche Christen sollten als „Pilger und Touristen“ ins Land kommen, um ihren Geschwistern im Glauben ihre Solidarität zu bekunden, so die Aufforderung des Sprachrohrs der ägyptischen Bischöfe.

Doch noch bis vor wenigen Stunden zirkulierten zahlreiche Meldungen, dass die Osterfeierlichkeiten in Ägypten aufgrund der Terroranschläge drastisch reduziert worden seien. Die Meldungen beriefen sich, zu großen Teilen, auf die ägyptische Zeitung Al-Ahram. Aber was stimmt denn nun? Feierlichkeiten wie geplent, oder Absage? Das haben wir Joachim Schroedel gefragt. Der deutsche Pfarrer lebt und wirkt seit Jahrzehnten als Seelsorger der deutschsprachigen Katholiken in Kairo.

Schroedel: Die Meldungen sind schlichtweg falsch. Die Al-Ahram ist eine ägyptische Zeitung und hat auf ihrer englischsprachigen Internetseite zwar geschrieben, dass die Feierlichkeiten nicht stattfinden, aber das wurde dann von einer Agentur so verstanden, dass die Liturgien nicht stattfinden. Wer sich mit Christentum und insbesondere mit Orthodoxie auskennt, der weiß, dass ein Gottesdienst nicht wie ein Fußballspiel abgesagt werden kann. Deshalb stimmt die Meldung so nicht. Was Tatsache ist: Es werden nur jene Veranstaltungen und Feiern nach der Heiligen Messe nicht stattfinden, die üblicherweise durchgeführt wurden. Damit sind Gratulationen an die Bischöfe oder ähnliches gemeint. Diese werden ausgesetzt und stattdessen soll man lieber in Kondolenz verharren oder nach Hause gehen.

Es gibt also keine äußerlichen Feierlichkeiten, aber selbstverständlich finden alle liturgische Veranstaltungen statt. An diesem Karfreitagmorgen fand der Gottesdienst in der Kathedrale von Kairo wie üblich statt. Das gilt auch anderswo. Die katholischen Christen werden selbstverständlich auch die Heiligen Messen feiern, wie sie vorgesehen sind.

RV: Wie ist die Stimmung unter den Gläubigen? Spürt man Betrübtheit oder das Gegenteil, eine Aufbruchstimmung unter dem Motto „Jetzt erst recht“? Bei Ostern geht es ja um Tod und Auferstehung.

Schroedel: In der Tat spürt man bei den Gläubigen ein trotziges Dennoch oder „Jetzt erst recht“, denn wir wissen als Christen, dass diejenigen, die gestorben sind, von feigen Mörderhänden getötet wurden und in den Himmel gekommen sind. Da ist eher die Dankbarkeit da, dass man diese Mitmenschen gehabt hat.

Die Angst ist natürlich da. Es wird wahrscheinlich wieder etwas weiteres passieren. Das lässt sich garantiert nicht verhindern, es sei denn, man würde eine große Mauer um alle Christen bauen. Das will man ja genau nicht. Die Christen reagieren so – und ich habe es selber an Gründonnerstag sehen können – dass sie verstärkt die Gottesdienste besuchen und sagen: Wir zeigen, dass wir uns nicht unterkriegen lassen. Aber genauso sagen die Muslime: Wir kommen zu euren Gottesdiensten. Am Gründonnerstagabend waren bei mir einige Muslime zu Gast. Sie haben noch einmal kondoliert für die schrecklichen Attentate.

Das ist ein gutes Zeichen. Es ist ein Zeichen des Miteinanders. Was die feigen Attentäter wollten, nämlich das Auseinanderreißen der Gesellschaft, schaffen sie in Ägypten auf keinen Fall.

RV: Ende des Monats wird der Papst in Kairo erwartet. Gab es bei den Gläubigen die Befürchtung, dass die Reise wegen der Anschläge abgesagt werden könnte?

Schroedel: Unser Papst vermittelt den klaren Eindruck, dass er ein entschiedener Mann gegen die Armut und für die Gerechtigkeit und Frieden ist. Es wäre völlig unmöglich in der Vorstellung auch unserer koptischen Freunde, dass Papst Franziskus nicht käme, es sei denn, der ägyptische Sicherheitsapparat würde ihm die Einreise verweigern. Aber das wird ja nicht der Fall sein. Wir freuen uns auf jeden Fall auf seinen Besuch.

Das wird bestimmt ein großer Erfolg sein, vor allem im Hinblick auf die Solidarität mit den orientalischen Christen und mit den rund 200.000 mit Rom unierten Christen, die hier in Ägypten Zuhause sind.

RV: Haben Sie eine besondere Osterbotschaft an Ihre Gemeinde in Kairo?

Schroedel: Im Mittelpunkt unserer katholischen Feier unserer deutschsprachigen Gemeinde wird die Botschaft stehen: Es gibt keine Auferstehung ohne das Kreuz; es gibt keinen Himmel ohne die Dunkelheit. Beides gehört zusammen und wir sind Menschen, die hier nicht im Paradies leben sondern hoffnungsvoll nach oben schauen, zu Christus, der uns erlöst hat.

Gerade in diesen Tagen ist uns klargeworden, als die Attentate in Ägypten waren, dass die Menschen sagen: Das ist für uns ein Zeichen. Das möchte ich den deutschsprachigen Katholiken in Kairo vermitteln. Es gibt kein Ostern ohne den Karfreitag.

(rv/asianews 14.04.2017 mg)








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