Kardinal Christoph Schönborn sieht Spielraum für mehr Frauen in kirchlichen Ämtern,
will sich aber in der angebrochenen Debatte über den Diakonat der Frau derzeit noch
nicht festlegen. „Unzweifelhaft“ stehe für ihn fest, „dass es mehr Frauen in kirchlichen
Ämtern braucht und hier bei weitem die Möglichkeiten nicht ausgeschöpft sind“, sagte
Schönborn in einem Interview für die Wiener Zeitung von diesem Samstag. Die theologische
Diskussion über die Weihe von Diakoninnen in der katholischen Kirche sei ihm aber
„nicht reif genug“. Der Wiener Erzbischof plädierte dafür, die Ergebnisse der vom
Papst eingesetzten Kommission zu diesem Thema abzuwarten. Die Tatsache, dass es Diakoninnen
gegeben hat und in der Ostkirche bis heute gibt, „muss uns in der lateinischen Kirche
zu denken geben“, fügte er hinzu.
Wenn etwa heute mehrere Priester bei einer Messe konzelebrierten, könne er den Eindruck
einer „Männerriege da vorne“ durchaus nachvollziehen. Der „starke Eindruck der Dominanz
einer Männerkirche“ ist dabei aus Sicht Schönborns zum Teil erst durch die „paradoxe“
stärkere Fokussierung auf den Priester im Zuge der Liturgiereform nach dem Zweiten
Vaticanum entstanden. Mit der heutigen Form der Liturgie sei man „ein bisschen in
Gefahr, dass der Priester in die Rolle des Moderators gerät, so wie in den Medienauftritten“,
gab der Kardinal zu bedenken. Das frühere Empfinden sei anders gewesen, als der Priester
vorne als Haupt der Gemeinde gestanden habe und die Gläubigen nicht auf ihn, sondern
auf den Altar konzentriert gewesen seien. „Früher war der Priester weniger im Mittelpunkt
als heute.“
Gleichzeitig betonte Schönborn, er wolle „absolut nichts zurückdrehen und idealisiere
auch nicht die alte Liturgie“, bei der „dringendster Reformbedarf“ bestanden habe.
Entwicklungen wie die neue Wahrnehmung von Priestern bei Gottesdiensten, hätten „auch
ihre Berechtigungen und gute Seiten“, so der Kardinal: „Aber jede Reform hat auch
ihre symbolischen Veränderungen, die es zu bedenken gilt.“
Wiederverheiratete: „Werde niemand wegweisen“
Zum ersten Jahrestag der Veröffentlichung des nachsynodalen Schreibens Amoris laetitia
am Samstag bekräftigte Schönborn auch seine Position in der Frage nach dem Sakramentenempfang
von wiederverheirateten Geschiedenen. Der Kardinal forderte erneut den genauen Blick
auf die Lebenssituation und das Schicksal der Betroffenen. Die Frage nach der Kommunion
komme da erst ganz am Schluss, „zuerst geht es darum, wie sie mit ihrer Situation
umgehen“, sagte Schönborn. Besonders gehe es hier etwa um das Verhalten gegenüber
den Kindern im Zuge der Trennung oder gegenüber dem übrig gebliebenen Partner.
„In gewissen Situationen“ gebe es hier die Hilfe der Sakramente, sagte der Kardinal,
„und das ist nicht nur die Kommunion, das ist auch das Sakrament der Buße und der
Versöhnung, das meistens vergessen wird“. Auch müsse geklärt werden, ob Wiederverheiratete
durch die Zulassung zur Kommunion tatsächlich Hilfe für das eigene Leben und dessen
Brüche suchten oder bloß „die Bestätigung, das eh alles in Ordnung ist“.
Er selbst werde „niemanden von der Kommunionbank wegweisen“, erklärte Schönborn. „Ich
kann nicht ins Gewissen von Wiederverheirateten schauen und vertraue darauf, dass
sie verantwortungsvoll entscheiden.“ Aber als ihr Seelsorger würde er mit ihnen jedoch
das Gespräch suchen – „wie ihre Situation ist, wie sie damit umgehen, was der beste
Weg für sie ist“.
(kap 08.04.2017 sk)
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