2017-04-08 11:58:00

Franziskus ist ein Schweden-Fan


Trotz der Säkularisierung hoch im Norden gilt: Papst Franziskus ist ein Schweden-Fan. Das Land – eines der wenigen in Europa, das er besucht hat – gilt ihm als Modell für eine Willkommenskultur, übrigens ähnlich wie Deutschland. Darum wird er die Nachrichten vom Anschlag in Stockholm aufmerksam verfolgt haben.

Im vergangenen Oktober nahm Franziskus in der Kathedrale der schwedischen Stadt Lund an einem Gedenken an die Reformation vor 500 Jahren teil. Am Rand dieser Visite fand er auch lobende Worte für Schweden, die humanitäre Großmacht, die pro Einwohner mehr Flüchtlinge aufgenommen hat als alle anderen Länder Europas. Er spreche da „als Argentinier und Südamerikaner“, sagte Franziskus: „Zur Zeit der Militärdiktaturen wurden viele Argentinier, Chilenen, Uruguayer in Schweden aufgenommen. Schweden hat eine lange Tradition der Aufnahme. Und es geht dabei nicht nur darum, aufzunehmen, sondern zu integrieren, sofort Wohnung zu suchen, Schule, Arbeit … in einem Volk zu integrieren.“

Auch persönliche Freunde des Papstes aus seiner Zeit in Buenos Aires hat es nach Schweden verschlagen – von ihnen hat er gehört, wie meisterhaft das kleine Land sich um die Eingliederung der Neuankömmmlinge kümmerte. Bis zum letzten Jahr jedenfalls: Da stieß das Land auf einmal an die Grenzen seiner Kapazitäten und änderte seine Asylpolitik. Seitdem wird an der Grenze zu Schweden nicht mehr durchgewunken, sondern genau kontrolliert. Doch diese Kehrtwende ist von einer sehr offenen Debatte begleitet, die auch schwierige Punkte deutlich benennt. Die Debatte dürfte sich nach dem Terror vom Freitag zwar verschärfen, doch so schnell wird Schweden seine Reputation als offenes Land nicht einbüssen.

„Wie viele Einwohner hat Schweden? Neun Millionen? Von diesen neun Millionen – hat man mir gesagt – seien 850.000 neue Schweden, d.h. Migranten oder Flüchtlinge oder deren Kinder. Das ist das erste. Zweitens: Man muss zwischen Migrant und Flüchtling unterscheiden, nicht? Der Migrant muss nach bestimmten Regeln behandelt werden, denn Auszuwandern ist ein Recht, aber ein sehr geregeltes Recht. Flüchtling sein hingegen ergibt sich aus einer Lage von Krieg, Furcht, Hunger, aus einer schrecklichen Situation, und der Status eines Flüchtlings benötigt mehr Sorge, mehr Arbeit. Auch darin hat Schweden immer ein Beispiel gegeben, bei der Unterbringung, beim Erlernen der Sprache, der Kultur und beim Integrieren in die Kultur.“

Franziskus findet durchaus, dass sich andere Länder in Europa ein Beispiel an Schweden nehmen könnten, was die Aufnahme von Migranten und Flüchtlingen betrifft. Auch das sagte er bei seinem Rückflug von Schweden nach Rom Anfang November 2016. „Ich meine, in der Theorie kann man das Herz nicht vor einem Flüchtling verschließen, aber es braucht auch die Klugheit der Regierenden. Die müssen sehr offen sein, um sie aufzunehmen, aber auch Berechnungen anstellen, wie man sie unterbringen kann, denn einen Flüchtling muss man nicht nur aufnehmen, sondern man muss ihn integrieren. Und wenn ein Land die Kapazität zur Integration von – nennen wir es so – zwanzig Einheiten hat, soll es bis dahin gehen. Wenn ein anderes eine größere Kapazität hat, soll es mehr tun. Doch stets mit einem offenen Herzen: Es ist nicht menschlich, die Türen zu schließen, es ist nicht menschlich, das Herz zu verschließen, und auf lange Sicht bezahlt man dafür.“

Bis an die Grenze gehen – aber dann auch innehalten und die Politik anpassen, wenn die Leistungsfähigkeit erschöpft ist. Das ist die Linie des Papstes. „Ich denke nicht, dass Schweden, wenn es seine Aufnahmekapazitäten verringert, dies aus Egoismus tut oder weil es diese Fähigkeit verloren hat... Heute blicken viele auf Schweden, denn sie kennen seine Aufnahme...“

Auch Franziskus wird in diesen Tagen angesichts des Terrors in Stockholm auf Schweden blicken.

(rv 08.04.2017 sk)








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