2017-04-03 13:59:00

Papstpredigt: „Bewertet nicht im Herzen“


Mit Barmherzigkeit urteilen wie Jesus – das ist die „Fülle des Gesetzes“. Daran hat Franziskus an diesem Montag bei seiner Morgenmesse erinnert. Er lud dazu ein, andere Menschen „im Herzen nicht zu beurteilen“.

Franziskus ging in seiner Predigt von zwei biblischen Erzählungen aus, bei denen Frauen verurteilt werden: Jesu Begegnung mit der Ehebrecherin und die Perikope von Susanna im Bade. In beiden Fällen ging es um „Unschuld, Sünde, Verdorbenheit und Gesetz“, so der Papst, denn „in beiden Fällen waren die Richter verdorben“.

Zwei alte Richter stellten in Babylon der schönen Frau des reichen Jojakim nach. Weil Susanna den sexuellen Begierden der zwei Männer nicht nachkam, verurteilten die Richter sie zum Tod – aufgrund einer „falschen, fingierten“ Anklage, betonte der Papst: Susanna solle Ehebruch begangen haben, behaupteten die Richter. Die bedrängte Frau sei gezwungen gewesen, zwischen ihrem Leben und der „Treue gegenüber Gott und dem Gesetz“ zu wählen, so Franziskus. Wenn sie vielleicht auch in mancher Hinsicht Sünden begangen habe „wie alle"  – ihrem Ehemann gegenüber sei Susanna jedenfalls treu gewesen, hielt der Papst fest.

In der Bibel seien überhaupt Stellen häufig, in denen Einzelne falsche Anschuldigungen gegenüber anderen erheben, fuhr der Papst fort. Jesus selbst sei „durch ein falsches Zeugnis zum Tode verurteilt“ worden. Die Richter der Susanna hätten sich von ihrer Wollust steuern lassen.

„Es gab in der Welt immer voreingenommene Richter. Auch heute gibt es sie, in allen Teilen der Welt. Warum äußert sich die Verdorbenheit in einer Person? Weil es um Sünde geht: ,Ich habe gesündigt, gleite ab, bin Gott untreu, aber versuche dann, nicht noch mehr zu sündigen oder versuche mich mit dem Herrn zu bessern oder weiß zumindest, dass er es nicht gutheißt.‘ Doch Verdorbenheit ist, wenn die Sünde hereinkommt, sie immer tiefer in dein Bewusstsein eindringt und dir nicht einmal Luft zum Atmen lässt.“

 „Verdorbenheit“ habe mit diesem schleichenden Prozess zu tun, führte der Papst aus. Schleichend sei es auch zur Hartherzigkeit der Richter im Fall der echten Ehebrecherin gekommen: Sie hätten in sich eine Deutung des Gesetzes wachsen lassen, die „so starr (war), dass sie dem Heiligen Geist keinen Platz ließ“, kommentierte er die biblische Erzählung von Jesus und der Ehebrecherin, von der das Johannesevangelium erzählt. Das allzu strenge Urteil der Richter sei hier eine „Korruption der Legalität, des Legalismus“ und „gegen die Gnade“ gewesen. Jesus hingegen, der „wahre Meister des Gesetzes“, habe Barmherzigkeit walten lassen und damit aus der „Fülle des Gesetzes“ geschöpft. Franziskus: 

„Jesus sagt wenige Dinge, wenige Dinge. Er sagt: ,Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein auf sie‘. Und zur Sünderin: ,Ich verurteile dich nicht. Sündige nicht mehr‘. Und das ist die Fülle des Gesetzes, nicht das der Schriftgelehrten und der Pharisäer, die viele Gesetze machten, viele Gesetze, ohne der Barmherzigkeit Platz zu lassen. Jesus ist die Fülle des Gesetzes und Jesus urteilt mit Barmherzigkeit.“

Am Beispiel der beiden biblischen Erzählungen rief der Papst die Gläubigen dann zur Gewissenserforschung auf. „Wir alle sind Sünder“, erinnerte er, auch Gläubige heute träten als hartherzige und verdorbene Richter in Erscheinung.

„Auch wir bewerten die anderen im Herzen, nicht wahr? Sind wir verdorben? Oder sind wir es noch nicht? Haltet inne. Halten wir inne. Und betrachten wir Jesus, der immer mit Barmherzigkeit urteilt. ,Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!‘“

(rv 03.04.2017 pr)








All the contents on this site are copyrighted ©.