2017-03-27 12:46:00

„Wer nicht an die Hölle glaubt, soll nach Syrien kommen“


Immer mehr Zivilisten kommen im syrischen Bürgerkrieg durch Luftangriffe ums Leben, vor allem in den Gebieten, die von syrischen Rebellen und vom sog. Islamischen Staat (IS) kontrolliert werden. So starben in der vergangenen Woche Dutzende Menschen, als Kampfflugzeuge in der Stadt al Mansura in der Provinz Rakka eine ehemalige Schule bombardierten, wo rund 40 Flüchtlingsfamilien Schutz gesucht hatten. Auch im Norden des Landes und im Umland von Damaskus gab es zuletzt Luftangriffe.

Verschiedene Beobachter machen die internationale Anti-IS-Koalition für die Attacken verantwortlich, die es sich unter Führung der USA zum Ziel gemacht hat, die Terrorgruppe in Syrien und im benachbarten Irak zu besiegen. Als „Massaker an Unschuldigen“ bezeichnet der vatikanische Nuntius in Syrien, Kardinal Mario Zenari, die mannigfaltige Gewalt im Land. Vor allem Zivilisten seien die Leidtragenden der Konflikte: „Wer da unter die Räder kommt, sind die einfachen Leute, die Unschuldigen: Zivilisten, Frauen, Kinder. Das ist wirklich ein schrecklicher Krieg, schrecklich! Ich sage immer: Wer nicht an die Hölle glaubt, soll nur nach Syrien kommen, dann wird er begreifen, was das ist.“

„Massaker an Unschuldigen“

Franziskus erhalte ständig Informationen über die Lage in Syrien, so sein Nuntius. Wenn die Sicherheitslage nicht so unkontrollierbar wäre, wäre der Papst schon längst nach Syrien gereist, sagt der Kardinal: „Er will ja kommen, aber kann nicht – wenn nicht ein Minimum an Sicherheit garantiert ist für ihn und vor allem für die Leute. Denn wenn er hinreist, kann er ja nicht in der Nuntiatur in Damaskus bleiben, er muss die Menschen treffen! Und wir sehen ja auch dort Attentate von Selbstmordattentätern mit Dutzenden Toten… ein Blutbad.“

Mehrere internationale Beobachter sehen ein von allen Seiten anerkanntes Übergangsregime in Syrien als mögliche Lösung des verkrusteten Konfliktes. „Die Übergangsform muss eine politische Formel liefern, die auf die Missstände reagiert, die 2011 zur syrischen Revolution geführt haben“, sagte etwa der US-Politikwissenschaftler Steven Heydemann im Gespräch mit der ARD. Für den Vatikanmann Zenari muss eine Lösung vor allem den Schutz der Zivilbevölkerung garantieren; zu viele Menschen seien in Syrien schon durch die Hölle gegangen – und zwar zunehmend abseits von den Augen der Weltöffentlichkeit.

„400.000 Tote, zwei Millionen Verletzte, darunter viele Verstümmelte, ungefähr fünf Millionen Flüchtlinge außerhalb Syriens, mehr als sechs Millionen Binnenflüchtlinge, mehr als 600.000 Belagerte ohne Zugang zu humanitären Hilfen. Tausende von toten Kindern, die durch Bombardierungen starben: Verletzte, Verstümmelte, körperlich und seelisch verletzt. Das ist ein regelrechtes Massaker von Unschuldigen.“

Nuntius Zenari äußerte sich in diesen Tagen im Gespräch mit Radio Vatikan in Rom; der neue Kardinal war angereist, um seine Titelkirche in Rom in Besitz zu nehmen.

(rv 27.03.2017 pr)








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