2017-03-26 10:46:00

Kongo: Letzte Ausfahrt vor dem Bürgerkrieg


Angeblich steht sie unmittelbar bevor, die Einigung zwischen den streitenden Parteien im Kongo. Die Bischöfe haben sich in die Bresche geworfen, um dem Präsidenten Joseph Kabila und der Opposition einen Kompromiss abzuringen, und jetzt gibt es – angeblich – einen unterschriftsreifen Text. Damit könnte die Demokratische Republik Kongo vielleicht doch noch einen Notausgang aus ihrer schweren politischen Krise finden, bevor sie in den Bürgerkrieg abrutscht.

„Alle haben auf diese Unterschrift, auf diese Vereinbarung gewartet“, sagt uns Missionsexperte Giulio Albanese. „Die Präsidentenwahlen lassen sich nicht einfach immer weiter verschieben, das hätte den Rechtsstaat zu sehr geschwächt und die inneren Spannungen über Gebühr befeuert. Diese Spannungen sind ja nicht nur politische, sondern haben auch mit Ethnien zu tun und mit regionalen Interessen. Hier geht es um sehr viel, das hat vor allem die katholische Kirche des Kongo begriffen. Sie hat einmal mehr bewiesen, dass sie der verantwortlichste Player ist in der Gesellschaft dieses afrikanischen Riesen.“

Eigentlich ist die Sache ganz einfach: Präsident Kabilas Amtszeit ist seit Ende letzten Jahres um, noch einmal antreten darf er laut Verfassung nicht. Aber das ist nur das Gerippe des Konflikts. Das Regime will nicht abtreten, verschiebt die fällige Präsidentenwahl, Menschen demonstrieren in den Städten, es hat schon Tote gegeben.

„Wir reden hier von einem Land, in dem sich gewissermaßen alle Widersprüche des subsaharischen Afrika bündeln. Da gibt es viele Interessen, die mit der Ausbeutung der immensen Minen zu tun haben, es geht vor allem um Energiequellen. All das ist schon für sich allein destabilisierend. Es ist schon paradox: Ausgerechnet der immense Ressourcenreichtum des früheren Zaire scheint die Entwicklung der Nation am meisten zu bremsen. Der Gegensatz zwischen einer Handvoll superreicher Leute und der armen Masse der Bevölkerung ist wirklich inakzeptabel.“

Die Unzufriedenheit mit den politischen Kräften – und zwar mit Regierung und Opposition – hat bei vielen Menschen im Kongo den Siedepunkt erreicht. Darum können es viele auch nicht verstehen, dass ausgerechnet die allseits respektierten Bischöfe sich um einen Kompromiss zwischen den streitenden Parteien bemühen. Ihr Engagement hat den Bischöfen viele Anfeindungen und einen Vertrauensverlust eingebracht. Die Bischöfe wissen, dass sie auf dem Drahtseil tanzen. Aber die Tatsache, dass es in der Provinz schon jetzt immer wieder zu Gewalt kommt, bestärkt sie in ihrem Gedanken: Das wollen wir für Kinshasa nicht.

„Die instabile Zone des Kongo ist der ganze Ostteil: Nord- und Süd-Kivu, außerdem die riesige Ituri-Region. Da sind lauter bewaffnete Gruppen aktiv; einige sind sozusagen Ortskräfte, andere werden von ausländischen Mächten unterstützt. Aus Wirtschafts-, aber natürlich auch aus Machtgründen. Umso wichtiger wäre es, dass es wirklich zu einer Regierung der nationalen Einheit kommt, die auf die eine oder andere Weise dazu imstande wäre, die Sicherheit der leidgeprüften Bevölkerung zu garantieren. Und die wirkliche Mechanismen der Beteiligung der Gesellschaft an der Macht in Gang setzt. Um diese Mechanismen hat sich in all diesen Jahren keiner gekümmert.“

(rv 26.03.2017 sk)








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