2017-03-24 13:47:00

Mazedonien: Eine rein machtpolitische Krise


Versinkt die südöstliche Peripherie Europas in einem Bürgerkrieg? Präsident Gjorge Ivanov weigert sich seit Dezember, der Opposition, die die vorgezogenen Wahlen gewonnen hat, ein Mandat zur Regierungsbildung zu geben. Ivanov wirft Oppositionsführer Zoran Zaev vor, „Mazedoniens Souveränität zu untergraben“ – Zaev will eine Koalition mit der politischen Vertretung der albanischen Minderheit im Land eingehen, was in großen Teilen der Bevölkerung auf Ablehnung stößt. Geschürt werden die Spaltungen der mazedonischen Gesellschaft zudem von Politikern in den Nachbarländern Albanien, dem mehrheitlich albanischen Kosovo und Bulgarien. Seit Wochen gibt es Proteste auf den Straßen Skopjes und in anderen mazedonischen Ortschaften. Dušan Reljić ist Südosteuropa-Experte der deutschen Stiftung Wissenschaft und Politik. Er glaubt nicht, dass es tatsächlich zu einem Bürgerkrieg kommt, denn es handele sich vor allem um eine machtpolitische Krise.

„In der Tat befindet sich Mazedonien in einer sehr tiefen politischen Krise. Die Ursache hierfür ist, dass die frühere regierende nationalkonservative Partei mit allen Mitteln zu verhindern versucht, dass nach den Parlamentswahlen (von Dezember, Anm. d. Red.) eine neue Regierung an die Macht kommt, die von der sozialdemokratischen Partei geführt werden sollte.“

Die Sozialdemokraten haben mithilfe der albanischen Minderheit die Mehrheit in Parlament. Und da sei die Angst groß, die albanische Stimme könnte zu starken Einfluss auf das Land bekommen. Die albanische Bevölkerung, mehrheitlich muslimisch, und die mazedonisch-slawische Bevölkerung, mehrheitlich christlich-orthodox, führen jedoch keinen Religionskrieg, präzisiert Reljić. Die Albaner machen etwa ein Viertel der rund zwei Millionen Einwohner aus.

„Sowohl für die mazedonische Mehrheit als auch für albanische Minderheit hat die Machtfrage Priorität. Es geht darum, wer sich an die Macht beteiligen kann und Zugang zu den staatlichen Ressourcen gewinnt. Natürlich wird ein Teil dieser politischen Auseinandersetzung mit identitären Fragen überdeckt. Das ist die Frage: Wer sind Mazedonier? Was sind Albaner? Soll es ein Großalbanien geben? Aus Mazedonien sind etwa 200 nach Syrien gegangen, um an der Seite des Islamischen Staates zu kämpfen. Doch der islamische Fundamentalismus ist nicht etwas, was die Albaner in Westmazedonien kennzeichnet.“

Das Grundproblem Mazedoniens ist ein anderes, nämlich der Name des Landes. Vor allem das Nachbarland Griechenland hat ein Problem damit.

„Mazedonien hat das Problem, dass es eine Zeitlang viele große Fortschritte in den Verhandlungen um einen Beitritt zur Europäischen Union gemacht hatte. Mazedonien war bislang ein Beitrittskandidat. Doch es gibt ein griechisches Veto für den Beginn der eigentlichen Beitrittsverhandlungen. Solange die sogenannte Namensfrage zwischen Athen und Skopje nicht gelöst ist, geht es nicht vorwärts. Es geht darum, dass Athen unzufrieden damit ist, dass Mazedonien diesen Namen trägt, weil damit ein tatsächlich viel größeres geographisches Gebiet gemeint ist, das auch einen Teil Griechenlands und sogar Bulgariens miteinbezieht. Es ist nicht abzusehen, dass das Problem bald aus der Welt geschaffen werden wird.“

(rv 24.03.2017 mg)

 








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