2017-03-14 13:26:00

Brasilien: Kirche hilft beim Kampf gegen rücksichtslose Industrie


In verschiedenen Ländern Lateinamerikas tobt ein erbitterter Kampf zwischen Bürgern und Industriekonzernen. Ein ökumenisches Netzwerk namens „Iglesias y Mineria“ (Kirchen und Bergbau) kämpft seit Jahren an der Seite der oft armen Landbevölkerung gegen Ausbeutung, Umweltverschmutzung und Zerstörung des ökologischen Gleichgewichts etwa durch Flussumleitungen. Die Schäden durch Aktivitäten der Bergbau-Konzerne sind tödlich, betont Dario Bossi, der Leiter des Netzwerks. Der italienische Komboni-Missionar wirkt seit zehn Jahren in Brasilien und sagte uns:

„Es sind Konflikte, die Gewalt auf die Erde und auf die hier lebenden Gemeinschaften ausüben. Konflikte, die sich auch auf die Sicherheit der Menschen auswirken, auf die örtlichen Menschenrechtler, die ihre Rechte verteidigen wollen. Sie lehnen sich teils weit aus dem Fenster, gar nicht selten werden sie ermordet“, erzählt Pater Bossi. Wörtlich spricht der katholische Missionar sogar vom „Martyrium“ vieler, die ihre Flüsse und Wälder verteidigen. Allein 2015 zählte das Netzwerk „Kirchen und Bergbau“ 185 Todesopfer in Lateinamerika aufgrund von Auseinandersetzungen mit Konzernen. „Die Umweltkonflikte vor allem in Lateinamerika sind heute jene, die die meisten Todesopfer fordern, auch unter Ordensleuten, Priestern, Schwestern, darüber hinaus bei Gewerkschaftern oder Professoren, Menschen, die ihre Erde verteidigen. Und unter diesen wiederum fällt die Mehrheit nachweislich Konflikten mit Bergbaukonzernen zum Opfer. Das ist eine dringende Herausforderung an die Kirche, der sie sich – und das ist das Gute – bereits stellt.“

Bezeichnend ist das Beispiel der brasilianischen Gemeinde Piquia del Baixo, die gegen die Luftverschmutzung durch riesige Stahlkraftwerke ankämpft. 28 Prozent der Dorfbewohner leben erwiesenermaßen mit geschädigten Lungen. Die Regierung hat nach langwierigen Vermittlungen schließlich eingewilligt, das gesamte Dorf an einem unbelasteten Ort neu zu errichten. „Eine Gemeinschaft auf halber Strecke: sie sehen bereits eine Lösung für ihre Schwierigkeiten“, würdigt der Komboni-Missionar das in diesem Fall gelungene Engagement.

2015 lud der Vatikan in Rom zu einer internationalen Konferenz zum Thema Umweltkonflikte. Aus Asien, Afrika und Amerika reisten rund 30 Vertreter lokaler Gemeinschaften an, deren Existenz von Bergbauaktivitäten bedroht ist. Allerdings: seither hat sich wenig an dem bedrohlichen Szenario geändert, erklärt Pater Bossi.

„Das wirtschaftliche Modell, das heute noch in ganz Lateinamerika herrscht, ist das des Abbaus. Ein nicht nachhaltiges Modell, das keine Zukunft hat. Das macht uns große Sorgen, denn dieses Diktat des Abbaus fährt wie ein Bulldozer über die Gemeinschaften, ihre Rechte und Meinungen hinweg. Die Gemeinschaften werden in keiner Weise miteinbezogen.“

Pater Bossi sieht immerhin eine bessere Abstimmung der betroffenen Gemeinden mit Interessensgemeinschaften und Organisationen; neben „Kirchen und Bergbau“ ist auch das neue kirchliche Netzwerk Panamazonien am Start. Auf Netzwerke zu setzen: darin sieht der Ordensmann und Bürgerrechtler Dario Bossi auch das Modell der Stunde, denn nur gemeinsam könnten sich die Menschen Gehör verschaffen.

„Die Probleme entladen sich auf sehr unterschiedliche Weise in den Gemeinden. Wir arbeiten mit Indigenengruppen, mit Fischern, Bauern, kleinen Gemeinden am Stadtrand, das sind ganz verschiedene Realitäten. Wir haben eines verstanden: Wenn sich diese verschiedenen Gruppen zusammentun, verstehen sie sich als Opfer eines Systems, und dieses System muss neu gedacht werden, wie das Papst Franziskus in seiner Enzyklika Laudato Si beschrieben hat. Auf diese Weise kommt Sichtbarkeit und Kraft, man tauscht Handlungsstrategien aus. Das ist das Geheimnis des Netzwerks: das Hören auf die Kleinen, die sich zusammentun. Die Leute können von unten die Geschichte neu machen, sie können „soziale Poeten“ sein, wie Papst Franziskus gesagt hat.“

 

(rv 14.03.2017 gs)








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