2017-03-12 09:46:00

Ökumene: Versöhnungsgottesdienst als Zeichen


Anlässlich des ökumenischen Gedenkens zum Reformationsjubiläum haben die katholische und die evangelische Kirche Deutschlands am Samstagabend mit einem gemeinsamen Buß- und Versöhnungsgottesdienst in der Hildesheimer Michaeliskirche ein besonderes Zeichen der Annäherung gesetzt. 400 geladene Gäste verfolgten das Ereignis, darunter auch der niedersächsische Ministerpräsident Weil, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundestagspräsident Lammert und Bundespräsident Gauck. Der Gottesdienst war ein Höhepunkt im laufenden Gedenkjahr zu 500 Jahren Reformation.

„Erinnerung heilen – Jesus bezeugen“

Unter diesem Motto stand der ökumenische Gottesdienst, in dem nicht das Trennende der Konfessionen, sondern die gemeinsame Buße im Zentrum stand. „Ich bekenne, das Christen und Christinnen in Eifer und Unduldsamkeit Krieg gegeneinander geführt haben“, richtete Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), den Blick auf Verfehlungen der Vergangenheit. „Ich bitte Vergebung für den Hass, der Gott zum Werkzeug des eigenen Willens macht und unschuldigen Menschen Leid zufügt“, spann Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), den Faden weiter.

Die gemeinsam gehaltene Dialogpredigt der beiden Kirchenspitzen sollte ein sichtbares Zeichen der Umkehr setzen - von einer Jahrhunderte währenden Geschichte gegenseitiger Verletzungen und Abgrenzungen. Zugleich dankten beide Kirchenvertreter bei dem Gottesdienst, an dem auch die politischen Spitzen des Landes teilnahmen, für das 500 Jahre nach der Reformation sichtbar werdende gegenseitige Vertrauen.

„Das Reformationsgedenken soll ein neuer Anfang sein für einen Weg, der uns als Kirchen nicht mehr voneinander trennt, sondern zusammenführt“, so Landesbischof Bedford-Strohm. „Wir wollen in der Zukunft nicht mehr getrennt glauben, wir wollen gemeinsam glauben. Wenn alle, die heute hier dabei sind, und auch alle, die heute zuschauen und zuhören, sich gemeinsam verpflichten, die Kraft der Liebe Gottes in unserem Leben zu bezeugen, und sie selbst auszustrahlen, dann können wir diese Gesellschaft erneuern.“

Marx: „Tag der Freude“

Kardinal Reinhard Marx sprach 500 Jahre nach der Reformation von einem „Tag der Freude“: „Ich bin froh, dass wir heute ein Zeichen für ein versöhntes Miteinander setzen. Wir nehmen unsere Geschichte an, schauen auf das, was Christen sich gegenseitig angetan haben, und gehen gemeinsam weiter. Wir tun das nicht anklagend oder niedergedrückt, sondern in einer Haltung der Hoffnung und des neuen Aufbruchs. Dafür bin ich dankbar“, so der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz.

Der scheidende Bundespräsident und ehemalige evangelische Pastor Joachim Gauck zeigte sich bei dem ökumenischen Gottesdienst sichtlich bewegt: „Es scheint mir fast so, als wäre zu den vielen politischen Wundern und Umwälzungen, die ich erlebt habe in meinem Menschenleben, ein weiteres, ein geistliches Wunder hinzugekommen.“ Die ökumenische Annäherung der letzten Jahrzehnte würdigte er als großen Schritt: „Meine Kinder und meine Enkelkinder, die können das gar nicht mehr verstehen, worüber ich eben gesprochen habe. Unsere Kirchen sind also weite Wege aufeinander zugegangen, und deshalb empfinde ich große Dankbarkeit.“

Wege zueinander

Im Verlauf des Gottesdienstes hatten Jugendliche in der gemeinsam von katholischer und evangelischer Gemeinde genutzten Hildesheimer Michaeliskirche eine im Mittelgang liegende symbolische Sperre zu einem Kreuz aufgerichtet. „Es gibt einen Weg heraus aus den Sperren, es gibt Wege, die Trennungen zu überwinden. Und wir haben gesehen, was der Schlüssel dafür ist: Aus der Sperre ist ein Kreuz geworden“, sagte Landesbischof Bedford-Strohm. „Ich wünsche mir, dass wir sagen können: Die Christen in unserem Land bekommt man nicht mehr auseinander. Sie stehen im Zeichen des Kreuzes nicht nur für sich selbst, sondern sind Hoffnungsträger für alle Menschen, besonders für die Armen, Schwachen und Hoffnungslosen“, betonte auch Kardinal Marx. Am Ende des Gottesdienstes sprachen die Liturgen eine Selbstverpflichtung, in der sie sich zusagten, im Vertrauen auf die Kraft des Heiligen Geistes „weitere Schritte auf dem Weg zur sichtbaren Einheit der Kirchen zu gehen“.

Ökumenische Höhepunkte im Jubiläumsjahr 

Das Jahrhundertjubiläum im Jahr 2017 ist das erste in der 500-jährigen Reformationsgeschichte, das evangelische und katholische Kirche gemeinsam begehen. Zu den ökumenischen Höhepunkten gehörte unter anderem eine gemeinsame Pilgerreise ins Heilige Land sowie der Besuch einer Delegation in Rom, bei dem Kardinal Marx und Landesbischof Bedford-Strohm auch mit Papst Franziskus zusammengetroffen waren.

Der Gottesdienst in Hildesheim ist das zentrale Ereignis eines sogenannten „Healing of Memories“-Prozesses, „Heilung der Erinnerung“, mit dem die Kirchen gemeinsam nach Wegen zur Versöhnung suchen. Der Prozess hat weltweit Vorbilder. So stand auch der Versöhnungsprozess nach dem Ende der Apartheid in Südafrika unter der Überschrift „Healing of Memories“. Im September 2016 hatten katholische und evangelische Kirche in München eine gemeinsame Erklärung mit dem Titel Erinnerung heilen – Jesus Christus bezeugen vorgestellt. Darin hatten sie sich darauf verständigt, „die Trennungen der Kirchen ehrlich anzuschauen, ihre leidvollen Auswirkungen zu bedenken und Gott und einander um Vergebung für das Versagen auf beiden Seiten zu bitten“.

Nächster ökumenischer Meilenstein im Jahr 2017 wird eine gemeinsame Veranstaltung des Deutschen Evangelischen Kirchentages (DEKT), des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), der EKD und der Deutschen Bischofskonferenz am 16. September 2017 in Bochum sein.

(pm/rv 12.03.2017 pr)








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