2017-03-10 09:00:00

Österreich: Christliche Kultur nicht vereinnahmen lassen


„Unschätzbare Werte” lagern in Klöstern, das schafft Verantwortung. Zum Einen soll diese christliche Kunst zugänglicher gemacht werden, zum anderen aber sind Anstrengungen nötig, diese Kunst überhaupt verstehen zu können. Deswegen haben die katholischen Orden Österreichs beschlossen, sich verstärkt dem Erhalt und der Vermittlung christlicher Kultur - und im Speziellen auch den Kulturgütern in den eigenen Klöstern – zu widmen.

„KulturÖffnet“ heißt die Aktion, sie umfasst eine ganze Reihe von Initiativen in den Klöstern wie auch auf Österreich-Ebene. „Wir wollen über Ordensleben sprechen, weil wir glauben, dass der christliche Diskurs in der besondern Form des Ordenslebens einen wichtigen Platz in unserer Gesellschaft hat, weil man in Österreich einfach Grundkenntnisse davon haben sollte“: Helga Penz, die Leiterin des Referats für die Kulturgüter der Orden, erklärt den Hintergrund der Aktion: „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir mit Kulturinteressierten in Kirchen gehen können, dass wir aber Schwierigkeiten haben zu erklären, was ein Altarbild ist, wenn die Leute nicht mehr wissen, was ein Altar ist.“

Auseinandersetzung mit christlicher Kultur sei notwendig, um kirchliche Kunst überhaupt zu verstehen, meint Penz. Dieses Wissen verschwinde jedoch zunehmend aus dem Bildungskanon. Immer wieder müsse sie Schülern bei Stiftsführungen erklären, was ein Kreuz ist, „weil die Kinder es nicht mehr wissen". „Das Problem damit, wenn christliche Kultur nur noch ein vager Begriff ist, ist, dass sie politisch vereinnehmbar wird. Dann kann ein Politiker vom rechten Rand aufstehen und mit dem Kreuz in der Hand zur Rettung des christlichen Abendlandes aufrufen. Dann muss man hinterfragen, was damit eigentlich gemeint ist.“

Kunst ist immer auch politisch
Die Orden möchten auch hier Aufklärung schaffen und „Kultur im weitesten Sinn" in Diskurs halten, wie Penz formulierte. „Ordensleben ist eine kirchliche Subkultur, aber eine mit einem enormen Impact. Das sind in Österreich einige tausend Ordensleute; rein demographisch sind das nicht viele Menschen, auch früher nicht, aber damals wie heute haben die unglaublich viel verändert. Bis heute sind die Orden größter privater Schul- und Spitalserhalter und haben einen enormen sozialen Impact", betonte die Kulturgüter-Expertin. „Die Klöster sind heute mehr denn je Zentralorte der Spiritualität.“

Die Kirchen, Klöster, Bibliotheken und Archive der Orden gehören zu Österreichs Kulturerbe und sind dabei - etwa als Touristenziele, Kulturveranstalter oder Auftraggeber für Restaurierungen und Renovierungen - auch wichtige Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktoren, rief Abtpräses Christian Haidinger in Erinnerung. Damit verbunden seien jedoch auch große Herausforderungen wie etwa die Instandhaltung, die Pflege und der Denkmalschutz. Viele dieser Aufgaben wären ohne öffentliche Förderungen nicht zu bewältigen, wobei es auch hier die Relationen zu wahren gelte: In seiner eigenen zehnjährigen Abtszeit in Stift Altenburg habe man 12 Millionen Euro in Restaurierungen investiert, wobei die dafür bezahlten Steuern höher gewesen seien als die Förderungen, bemerkte er.

Kunst oder Krempel?

Kulturschätze der Orden finden sich in den großen Stiften, die dafür eigene Kustoden und Archivare beschäftigen, aber nicht nur hier. Für die zahlreichen kleinen Gemeinschaften bemüht sich ein soeben gestartetes Fünf-Jahres-Projekt des Kulturgüter-Referates um bessere Sicherung und Bewahrung des Kulturerbes. Männer- und Frauengemeinschaften erhalten dabei vor Ort kostenlose Beratung und Einschätzung ihrer Wertbestände und sollen somit besser zwischen „Kunst und Krempel" unterscheiden können. Bei den begutachteten Gegenständen geht es durchaus auch um den Erhalt der eigenen Tradition und des Ordenscharismas, legte die Projektzuständige Karin Maier dar. Auch Ordensniederlassungen, die in naher Zukunft aufgelöst werden, nutzen diesen neuen Dienst.

Bei ihren „Schatzsuchen" in den Klöstern quer durch Österreich begehe sie sämtliche Räume, „auch Keller und Dachböden", berichtete die Kunsthistorikerin und Restauratorin. „Das Authentische und die Aura des Originals - das macht es aus. Das muss nicht die weltälteste Laute in Kremsmünster sein, künstlerische Qualität muss nicht der einzige Grad sein. Uns ist auch das kulturhistorische Zeugnis wichtig.“ Ein erstes Inventar wird erstellt und Anleitung für die Weiterführung gegeben, sowie auch zur Bewahrung, zur Pflege und zum Schutz. Als „wertvoll" erachtet werden dabei nicht nur Kunstwerke: „Auch eine Konventglocke, das von einer Schwester über Jahre mitgeführte Andachtsbild oder die zum Unterschreiben einer bestimmten Urkunde genutzte Füllfeder kommen hier in Frage", sagte Maier. Wichtig sei es, die Geschichten hinter den Objekten zu verschriftlichen, um ein Sichtbarmachen - etwa in einer Besuchervitrine oder durch Einbeziehung bei besonderen Anlässen - zu ermöglichen.

„Begegnung mit Ordenskultur"

Der Vermittlung der „Aura des Originals" der kulturhistorischen Gegenstände und kirchlicher Kulturobjekte allgemein widmet sich eine ebenfalls noch junge Arbeitsgemeinschaft für Kirchenpädagogik unter der Leitung der Ordensfrau Ruth Pucher. Man wolle hier „Begegnung mit Ordenskultur" schaffen und zeigen, „wie Ordensleben funktioniert", sagte Referatsleiterin Helga Penz. Auf dem Programm für 2017 stehen zum Beispiel Exkursionen und Entdeckungsfahrten in Kirchen und eine zentrale Jahrestagung im Mai.

Ähnliches will auch die neue Broschüre des Vereins „Klösterreich", die den Titel „Kultur entdecken - Begegnung eintauchen - Glaube erleben" trägt. 23 an der Vereinigung teilnehmenden Männer- und Frauenklöster aus ganz Österreich präsentieren dabei ihr umfangreiches Angebot, das von Besichtigungen, Pilgern und Mitfeiern bis zum zeitweisen Mitleben mit den Gemeinschaften reicht und auch die Genuss-, Wein- und Bierkultur, die Musikveranstaltungen oder Gesundheitsangebote umfasst.

(kap 10.03.2017 ord)

 








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