2017-03-07 13:00:00

D: Bischöfe reden über Flucht, Priestermangel, Reformation


Der Umgang mit Flüchtlingen und die ökumenischen Feiern zum 500. Reformationsjubiläum stehen im Mittelpunkt der Frühjahrsvollversammlung, zu der die katholischen Bischöfe bis Donnerstag in Bergisch Gladbach-Bensberg zusammenkommen. Zudem wollen sich die Geistlichen mit der Zukunft und der Lebensweise von Priestern und Bischöfen beschäftigen und über den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung reden, erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, am Montag vor Journalisten.

Angesichts des Priestermangels suchen die Bischöfe nach Lösungen. "Wir müssen klar erkennen: So geht es nicht weiter", sagte Marx. Bei der Vollversammlung werde es um die pastorale Situation und Lebensweise von Priestern gehen, kündigte der Kardinal an. Die Diskussion werde sich allerdings nicht auf die Frage nach dem Zölibat konzentrieren. Es werde vielmehr nach Wegen gesucht, die derzeit im Dienst befindlichen Priester nicht mit immer mehr Arbeit zu belasten und ihnen eine Perspektive zu geben. Es müsse ein neues Miteinander von Laien und Priestern geben. Notwendig sei eine "ressourcenorientierte Pastoral", in der viele Menschen mitwirken. Dabei gehe es aber nicht darum, dass Laien Priester unterstützen. Vielmehr müssten die Priester den Laien helfen, zu ihrer Berufung als Christen zu finden.

Marx: Papst sieht Wort der Bischöfe zu „Amoris laetitia“ positiv

Das Wort der deutschen Bischöfe zum Papstschreiben „Amoris laetitia" hat Franziskus nach den Worten von Marx positiv aufgenommen. Papst Franziskus halte es für richtig, wenn sich die Ortskirchen über sein Schreiben über Ehe und Familie äußern, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Seit der Veröffentlichung von «Amoris laetitia» im April 2016 gibt es heftige Debatten über den Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene. In ihrer Auslegung des Papstschreibens hatten sich die deutschen Bischöfe Anfang Februar für eine größere Öffnung in begründeten Einzelfällen ausgesprochen. Konservative Katholiken meinen, Papst Franziskus setze mit einer Öffnung nicht nur die Unauflöslichkeit der Ehe aufs Spiel, sondern letztlich die gesamte Lehre und Einheit der Kirche.

Positive Bilanz zur Ökumene

In Sachen Ökumene zog Marx eine vorläufig positive Bilanz. "Ich habe das Gefühl, dass ein gewisses Momentum da ist, dass die Ökumene vorankommt», sagte er und verwies auf den Buß- und Versöhnungsgottesdienst „Healing of Memories", den die Spitzen der katholischen und evangelischen Kirche in Deutschland am Samstag in Hildesheim feiern. Anlass ist das Gedenkjahr zu 500 Jahre Reformation.

Marx wandte sich gegen die Ansicht, dass sich in der Ökumene allein die katholische Kirche zu bewegen habe, weil die evangelische Kirche bereits alles geleistet habe. Weiterhin müssten beide Seiten aufeinander zugehen. Dieser Ansicht sei im Übrigen auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands Landesbischof Heinrich Bedford-Strom. Marx lobte, der gemeinsame Besuch mit dem Ratsvorsitzenden bei Papst Franziskus habe "Signale gesetzt". Trotz der Unterschiede sollten evangelische und katholische Kirche vieles gemeinsam machen, etwa bei der Evangelisierung des Landes, betonte der Kardinal.

Kritik am Bundesverwaltungsgericht

Scharfe Kritik äußerte Marx am jüngsten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Selbsttötung. Er hoffe auf eine Revision durch das Bundesverfassungsgericht, sagte er beim Pressegespräch. Es könne nicht sein, dass der Staat Beihilfe zum Suizid leiste. Er hoffe sehr, dass das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung korrigiere und für Klarheit sorge, so der Münchner Erzbischof.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte am vergangenen Donnerstag ein Recht von schwerstkranken Patienten auf einen selbstbestimmten Tod in bestimmten Fällen festgestellt. Der Staat dürfe in „extremen Ausnahmefällen" und bei einer unerträglichen Leidenssituation den Zugang zu einem verschreibungsfähigen Betäubungsmittel nicht verwehren, das einem schwer und unheilbar kranken Patienten eine würdige und schmerzlose Selbsttötung ermöglicht. Marx äußerte sich erleichtert darüber, dass das Urteil in der Öffentlichkeit auf breite ablehnende Reaktionen gestoßen sei. Das Bundesverfassungsgericht müsse hier eine deutliche Grenze ziehen, forderte der Vorsitzende der Bischofskonferenz.

Entsetzt über Nazi-Vergleich Erdogans

Entsetzt zeigte sich Marx über den Nazi-Vergleich des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und über ähnliche schrille Äußerungen in den aktuellen Debatten. Er sei betroffen über "den Verfall der Sprache" zwischen offiziellen Vertretern befreundeter Staaten. In der politischen Diskussion seien "ein paar Hemmschwellen" gefallen, so Marx weiter.

„Beunruhigt" zeigte sich Marx über den weltweiten Rechtspopulismus und Nationalismus. Er habe ein derartiges Anwachsen solcher Bewegungen nicht erwartet, sagte er. Die Kirche habe in dieser Situation die Aufgabe, immer „auf der Seite der verantwortlichen Freiheit" zu stehen. Mit Blick auf Christen in der AfD sagte der Kardinal, es sei nicht Aufgabe der Kirche, Motivationen von Mitgliedern in Parteien, Organisationen oder Religionsgemeinschaften pauschal zu beurteilen.

Vielmehr müsse sie auf die Inhalte schauen. Mit dem Christentum unvereinbar sei es beispielsweise, Ausländerfeindlichkeit zu propagieren, sagte der Münchner Erzbischof. Auch alle Formen eines überzogenen Nationalismus und der Feindschaft gegenüber anderen Religionen seien nicht akzeptabel.

Afghanistan-Abschiebungen sind fragwürdig

Auch gegen Abschiebungen nach Afghanistan wendet sich laut Marx die katholische Kirche in Deutschland entschieden. Eine Rückführung von Flüchtlingen in eine Situation von Krieg und Verfolgung sei unzumutbar, sagte Marx. Eine generelle Abschiebung in das Land sei daher fragwürdig.

An der Vollversammlung, deren Tagung nichtöffentlich ist, nehmen 66 Bischöfe teil. Öffentlich in Pressekonferenzen äußern wollen sich unter anderem Sozialbischof Franz-Josef Overbeck und Caritas-Präsident Peter Neher zum „Spannungsfeld von sozialer Gerechtigkeit, wachsendem Populismus und dem Auftrag der Kirche". Mit Blick auf die von Papst Franziskus angekündigte Bischofssynode im Herbst 2018 in Rom über die Beteiligung der Jugend will sich der Jugendbischof Stefan Oster zu Wort melden.

Gäste aus der Weltkirche

Als Gäste werden während der Tagung unter anderem der apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic , Kardinal Nakellentuba Philippe Ouédraogo, Erzbischof von Ouagadougou (Burkina Faso), der Präsident von Caritas Burkina Faso und Kardinal Rubén Salazar Gómez (Kolumbien), Präsident der Lateinamerikanischen Bischofskonferenz CELAM, erwartet.

(domradio 06.03.2017 gs)








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