2017-03-03 11:37:00

Kardinal Müller: Papst will für Missbrauch sensibilisieren


Hat der Rückzug von Opfervertreterin Marie Collins aus der vatikanischen Kinderschutz-Kommission etwas mit Laxheit des Papstes gegenüber Missbrauchstätern zu tun? Ein klares Nein auf diese Frage kommt von Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller in einem Interview mit der FAZ von diesem Freitag. Der Papst sei bei allen kanonischen Prozessen wegen Missbrauch die letzte Instanz, so der Präfekt der Glaubenskongregation. Doch es sei verständlich, wenn die umständliche Vatikangerichtsbarkeit bei Opfern ein Gefühl mangelnder Genugtuung hinterlasse, denn kein Urteil könne die Tat des Missbrauchs je ungeschehen machen. Kirchengerichtsbarkeit sei allerdings auch nicht zu verwechseln mit weltlicher Gerichtsbarkeit, denn die höchste Strafe, die ein Kirchengericht verhängen könnte, sei die Entlassung aus dem Klerikerstand. Es sei Aufgabe der staatlichen Gerichtsbarkeit, die Täter zu ihrer weltlichen Verantwortung zu ziehen. 

„Bischöfe sind eigentlich naive Menschen...

Die Kirche stecke als Ganze noch in einem Lernprozess, was den Umgang mit der fürchterlichen Tat des Missbrauchs angehe, so Kardinal Müller. Vor allem gebe es Verwerfungen kultureller Art - nicht überall sei der Grad der Sensibilisierung im Klerus so hoch, „wie wir es eigentlich erwarten“ sollten. Bischöfe seien im Grunde doch „naive Menschen“, die „an das Gute glauben“ und keine Erfahrung auf dem Gebiet der Kriminalistik hätten. Da sei es nicht leicht, sich mit solch unfassbaren Taten auseinander zu setzen. Doch die Glaubenskongregation und ihre Mitglieder, darunter natürlich auch Bischöfe, hätten in den vergangenen Jahren hart gearbeitet, um den einzelnen Fällen gerecht zu werden.

Die Kommission, der Marie Collins angehörte, sei kein Organ der Römischen Kurie, stellt Müller klar. Es gehe ihr auch nicht exklusiv um Missbrauch durch Kleriker, sondern der Papst habe mit der Einrichtung dieser Kommission weltweit verstärkte Sensibilität für Missbrauch an allen Orten, darunter auch in den Familien, schaffen wollen. Keineswegs solle die Kommission die Glaubenskongregation unterstützen, erläutert der Kardinal. Denn diese verfolge ihre eigene Gerichtsbarkeit weltweit und beschäftige mittlerweile zehn Fachleute, die die einzelnen Fälle untersuchen. Zur Erinnerung: Gerade erst ist beispielsweise Kardinal Raymond Burke für die Aufsetzung eines kirchenrechtlichen Prozesses auf die Pazifikinsel Guam gereist, dort sollen Missbrauchsvorwürfe gegen einen derzeit beurlaubten Bischof untersucht werden. Kardinal Burke steht dem erstinstanzlichen Gericht vor, das an der Glaubenskongregation für Missbrauchsfälle zuständig ist. 

(rv/faz 03.03.2017 cs)








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