2017-02-10 11:26:00

Proteste in Rumänien: Angst vor dem Rückwärtsgang


Die massiven Proteste in Rumänien haben ein weiteres politisches Opfer gefordert: Der Justizminister ist am Donnerstag zurückgetreten. Florin Iordache gab seinen Schritt vor der Presse bekannt, nachdem auch Ministerpräsident Sorin Grindeanu von ihm abgerückt war. Grindeanu hatte Iordache vorgeworfen, er habe bei der Kommunikation der Eilverordnung zum Thema Korruption versagt. Diese Verordnung – die von der Regierung längst zurückgezogen wurde – ist seit Tagen Anlass für die heftigsten Massenproteste in Rumäniens jüngerer Geschichte. Mit ihr sollten Rumäniens Anti-Korruptionsgesetze gelockert werden.

Monika Kleck, die Rumänien-Expertin des deutschen Hilfswerks Renovabis, erklärt: „Dazu muss man wissen, dass Korruption in Rumänien ein sehr sensibles Thema ist. Die Menschen leiden schon sehr lange darunter, dass das Gesundheitssystem, das Justizsystem, das Schulsystem – eigentlich alle Systeme – von Korruption beeinflusst sind. Die Bürger hatten in den letzten Jahren das Gefühl, dass es besser wird, wenn die Behörden an dem Problem arbeiten. Schließlich mussten Politiker wegen Korruption ins Gefängnis, genauso wie andere hoch gestellte Personen. Und die Leute haben jetzt einfach Angst, dass das alles rückgängig gemacht werden könnte.“

Außerdem hatten die Rumänen ja schon einmal Erfolg mit Protesten. Nachdem nämlich 2015 in einer Disco bei einem Brand 60 Leute ums Leben gekommen waren, musste der damalige Ministerpräsident zurücktreten. Das heißt, so Kleck: „Die Rumänen kämpfen für ihre bisherigen Erfolge... Wobei die Proteste jetzt noch mal einen ganz eigenen Charakter haben. Die Leute sind wütend über die Art und Weise, wie dieses Dekret erlassen wurde – in einer Nacht-und-Nebel-Aktion um Mitternacht, ohne Parlament. In solche Zeiten wie unter den Kommunisten will man einfach nicht zurück.“

Zunächst einmal gehe es den Demonstranten „um sich selbst“, urteilt die Expertin im Gespräch mit dem Kölner Domradio. „Es geht ihnen aber auch um Europa, es geht ihnen darum, sich wirklich auch vom Osten abzuwenden. Das hat mir erst heute Morgen ein lokaler Partner gesagt: Das sind jetzt die jungen Leute, die mit auf die Straße gehen, die arbeitende Bevölkerung. Sie wollen nicht mehr, dass die sozialistische Partei mit Putin gemeinsame Sache macht, sie wollen nicht mehr zurück in das, was sie mit dem Kommunismus verbinden. Sie wollen zu einem modernen Europa gehören!“

Die Kirchen in Rumänien halten sich angesichts der Proteste auffallend bedeckt. „Es gibt wenig offizielle Aussagen. Es gibt  einen Aufruf zum Gebet; es gibt Erklärungen, dass auch die Kirchen gegen Korruption sind. Das hat sowohl der römisch-katholische Erzbischof Robu in Bukarest als auch der orthodoxe Patriarch gesagt. Außerdem gehen auch Priester mit auf die Straße, nehmen an den Demonstrationen teil; sie halten sich etwas im Hintergrund, setzen aber trotzdem ein Zeichen: Die Kirche möchte auch, dass endlich mit dieser Korruption Schluss ist!“

(domradio 10.02.2017 sk)








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