2017-02-09 08:47:00

Papst: „Das Leben ist nicht schwarzweiß“


Den Willen Gottes findet man nicht, wenn man sich „auf eine abstrakte Doktrin fixiert“. Das sagte Papst Franziskus bei einem Gespräch mit Ordensoberen im Vatikan, das bereits Ende November letzten Jahres hinter verschlossenen Türen stattgefunden hatte. Der Jesuit Antonio Spadaro, der Franziskus nahesteht, veröffentlichte große Teile des Gesprächs an diesem Donnerstag in der Tageszeitung Corriere della Sera.

„Das Leben ist nicht schwarzweiß“

Beredt warb der Papst dafür, dass bei der „Ausbildung junger Leute für das Leben“ und besonders der Priesteramtskandidaten das Kriterium der  „Unterscheidung“ eine größere Rolle spielen sollte. „Das ist im Moment eines der größten Probleme, das wir in der Priesterausbildung haben. Wir sind in diesem Bereich an Formeln gewöhnt, an Schwarz und Weiß, aber nicht an die Grautöne des Lebens. Aber das, was zählt, ist das Leben, nicht die Formeln. Daher sei es so wichtig, „in der Unterscheidung zu wachsen“, so der Papst. „Schwarzweißlogik“ führe nur zu „Abstraktion“; Unterscheidung bestehe hingegen darin, „im Grau des Lebens nach dem Willen Gottes vorzugehen“.

„Superstar-Maria ist nicht katholisch“

Die marianisch getränkten Themen der nächsten Weltjugendtage habe nicht er ausgesucht, sondern sie seien „aus Lateinamerika“ vorgeschlagen worden, verriet der Papst auf eine entsprechende Frage hin. Und er warnte vor einer übersteigerten Marienfrömmigkeit: „Die wahre Madonna ist die Mutter, die Jesus in unserem Herzen zur Welt bringt. Diese Mode der Superstar-Madonna, wie eine Darstellerin, die sich selbst in die Mitte rückt, das ist nicht katholisch.“

„Es gibt Korruption im Vatikan“

Einmal mehr beteuerte Franziskus, er sei seit seiner Wahl zum Papst innerlich viel ruhiger als zuvor in seiner Zeit als Erzbischof von Buenos Aires. „Da war ich nervöser und besorgter.“ Jetzt hingegen lebe er „in Frieden“. Auf den Generalkongregationen vor dem Konklave 2013 hätten sich viele der Kardinäle für Reformen im Vatikan eingesetzt: „Alle wollten sie. Es gibt Korruption im Vatikan. Aber ich bin in Frieden.“

Gegen das „fürstliche Klima in der Kirche“

Ordensleben müsse „prophetisch“ sein und müsse „das Evangelium ohne Beruhigungsmittel“ vermitteln, so der Papst. Auch Askese könne „weltlich sein“ statt „prophetisch“, „wenn ich mir damit nur demonstriere, wie gut und stark ich bin“. „Wahre Askese muss mich freier machen.“ In den „Strukturen der Kirche“ gebe es manchmal „ein weltliches und fürstliches Klima“; Ordensleute könnten „dazu beitragen, dieses furchtbare Klima zu zerstören“. „Und man muss gar nicht Kardinal werden, um sich als Fürst zu fühlen – es reicht schon, klerikal zu sein. Das gehört zum Schlimmsten, was es in der Organisation der Kirche gibt.“

Missbrauch: „Das ist eine Krankheit“

Auf eine Frage hin äußerte sich Franziskus auch zum Thema Missbrauch. „Es ist klar, dass da der Teufel am Werk ist, wenn Priester oder Ordensleute da hineinverwickelt sind.“ Der Papst wörtlich: „Das ist eine Krankheit. Wenn wir uns nicht klar vor Augen halten, dass das eine Krankheit ist, wird man das Problem nicht gut lösen können.“ Es sei wichtig, bei Kandidaten für das Priester- und Ordensleben die „affektive Reife“ genau zu prüfen. „Zum Beispiel: Nehmt niemals in einem Orden oder Bistum Kandidaten auf, die in einem anderen Seminar oder Institut abgelehnt worden sind, ohne euch sehr genau und detailliert zu erkundigen, warum es zu dieser Ablehnung gekommen ist.“

(rv 09.02.2017 sk)








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