2017-02-08 14:26:00

Ad-Limina-Besuche ohne Redetext: Überraschend und berührend


Gespräche frei von der Leber weg, hinter verschlossenen Türen und ohne vorbereiteten Redetext: Diese Art der direkten Kommunikation hat Papst Franziskus bei den Ad-Limina-Besuchen der Weltbischöfe, also den periodischen Treffen der Bischofskonferenzen der Weltkirche mit dem Papst, eingeführt. Vor einigen Tagen wurde das neue Prozedere durch eine offizielle Mitteilung des vatikanischen Pressesaals öffentlich gemacht. Diese direkte Gesprächssituation ist für Bischöfe, die noch die offiziellen Ansprachen unter Franziskus´ Vorgängern gewöhnt sind, zunächst einmal überraschend – aber dann auch sehr berührend. Das erzählte uns Bischof Kyrillos William von Assiut, er war dieser Tage mit den ägyptischen Bischöfen auf Ad-Limina-Besuch im Vatikan.

„Wir waren dieses Mal überrascht, weil wir in der Vergangenheit immer jeweils eine Privataudienz beim Papst hatten, in der wir über die Diözesen gesprochen haben. Und dann gab es ein gemeinsames Treffen, bei dem der Patriarch und der Papst je eine Ansprache gehalten haben. Mit Franziskus ist es ganz anders gelaufen: Der Patriarch hat seine Ansprache vorbereitet, aber der Präfekt des Apostolischen Palastes hat uns gesagt, nein, es wird keine Ansprache geben, Sie sollen spontan erzählen, und der Papst will zuhören.“

Der vorbereitete Redetext verschwand also auf Initiative des Präfekten - es ist der deutsche Kurienerzbischof Georg Gänswein - wieder in der Tasche. Was er schriftlich kriege, so habe der Papst dann im Gespräch gesagt, könne er ja auch später nachlesen; jetzt sollten ihm die Bischöfe frei und spontan von ihren Sorgen, Wünschen und Fragen berichten, er wolle zuhören und habe Zeit. „Und er wollte tatsächlich kein Ende machen!“, zeigt sich Bischof Kyrillos noch im Nachgang des Besuchs überrascht. „Wir haben ihm gesagt, dass wir natürlich verstehen, wenn er viele Verpflichtungen hat, aber er hat uns geantwortet, nein, ich habe Zeit, und das hat uns wirklich sehr berührt.“

Es sei ihm persönlich wichtig gewesen, dem Papst von dem hohen Ansehen zu berichten, das er bei den Menschen in Ägypten genieße, seien es nun Katholiken, Kopten oder Muslime, erzählt Bischof Kyrillos. Die Gesten und Ansprachen von Franziskus würden von allen „sehr stark wahrgenommen“ und „hoch geschätzt“.  Doch auch soziale Probleme mussten bei der Papstaudienz zur sprache kommen: Denn Ägypten kämpft derzeit mit einer schweren Wirtschaftskrise – der Tourismus, einst die Haupteinnahmequelle des Landes, ist aufgrund der Unruhen in der Region stark eingebrochen, Grundnahrungsmittel sind unverhältnismäßig teuer, und das ägyptische Pfund wurde stark abgewertet. Hinzu kommen die hohe Arbeitslosigkeit und eine ausufernde Korruption, beklagt der Bischof: „Wir entdecken jeden Tag neue Fälle von Korruption, auch bei den neuen Posten. Schrecklich! Wo bleiben all die Millionen Pfund? Ägypten ist an sich ein reiches Land, aber dieser Reichtum bleibt in den Händen von wenigen konzentriert!“

Die katholische Kirche im Land sei zwar hoch angesehen, habe aber natürlich nur stark begrenzte Mittel, um gegen die nationale Armut anzugehen. Von den etwa zehn Prozent Christen im Land stellen die katholisch Getauften nur eine verschwindend geringe Minderheit in dem 93-Millionen-Land. Dennoch tue die Kirche alles in ihrer Macht Stehende, um den Menschen zu helfen: „Wir versuchen, die Jugendlichen dazu zu ermutigen, dass sie ihr Leben selbst in die Hand nehmen und nicht auf einen Posten beim Staat warten, wie es in der Vergangenheit oft der Fall war. Mit der Bevölkerungsexplosion, die gerade in Ägypten herrscht, haben wir jedes Jahr zwei Millionen Menschen mehr: Wo kann man Posten für alle diese Menschen finden? Sie dürfen nicht darauf warten, dass alle auf Staatsposten unterkommen, sondern müssen selbst die Initiative ergreifen.“

Abschließend verrät uns der Bischof noch, dass Papst Franziskus schon bald nach Ägypten kommen könnte:

„Wir haben ihn eingeladen, und er hat uns versprochen, zu kommen. Er hat uns gesagt, dass er schon Einladungen vom ägyptischen Präsidenten, vom orthodoxen Patriarchen Tawadros II. und vom Großimam der al-Azhar-Universität erhalten hat. Auch wir selbst hatten ihn in der Vergangenheit schon mündlich eingeladen. Es wäre für uns als verschwindend geringe Minderheit in Ägypten eine echte Stärkung - aber ein Papstbesuch wäre ein Segen auch für ganz Ägypten.“

(rv 08.02.2017 cs)








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