2017-01-14 11:01:00

Unser Buchtipp: Konklave


Der Kardinal betet. Es ist ja eher selten, dass in Romanen heute gebetet wird, und wenn, dann klingt das immer irgendwie fremd, komisch, jedenfalls nicht so, wie man selber beten würde. Hier aber liest es sich echt. Der Autor versteht, wie das geht, beten, und kann das auch beschreiben, ohne dass es kitschig, frömmelnd, paternalistisch oder wie ein Fremdkörper im Roman steht.

Die Rede ist vom Roman „Konklave“ des Journalisten und Schriftstellers Robert Harris. Dass Harris auch Journalist ist muss man an dieser Stelle eigens betonen, denn das ist das Erste, was heraus sticht: Das Buch ist wunderbar recherchiert. Es beschreibt ein Konklave, und zwar aus dem Inneren heraus, aus den Augen des – betenden – Dekans des Kardinalskollegiums.

Harris interessiert sich dafür, was Macht mit Menschen anstellt. Das hat er in seiner Cicero-Trilogie und anderen Romanen bewiesen, auch in seiner journalistischen Arbeit davor, als er zum Beispiel Tony Blair in Großbritannien während seines ersten Wahlkampfes begleitet hat. Da merkt man, woher sein Interesse und seine Perspektive kommen. Umso interessanter ist es, dass er auch souverän mit der geistlichen Dimension eines Geschehens wie der Papstwahl umgeht.

Das Buch beginnt mit dem Tod eines Papstes, der ohne Namen bleibt, aber der in Santa Marta gewohnt hat, jedem ist klar, dass das irgendwie Franziskus ist. Aber das war es dann auch schon mit den aktuellen Bezügen. Wer einen Schlüsselroman vermutet, wo aktuelle Kirchenpolitik und vor allem Personen auftreten, der wird nicht wirklich glücklich.

Es folgen Intrigen, Geheimnisse und allerlei andere Zutaten eines echten Krimis. Die Handlung ist aber gar nicht einmal der starke Punkt dieses Buches, auch das Ende kann man als erfahrener Krimi-Leser schnell erraten. Aber darum geht es auch gar nicht. Was das Buch faszinierend und schwer aus der Hand zu legen macht, ist die Beschreibung. Es sind die Details, es sind die Nebenbemerkungen, es sind die Figuren, die Harris schreibt und führt. Die könnte es alle genau so geben. Man erkennt nicht bestimmte Kardinäle wieder, aber die Eigenschaften, die Kleinigkeiten, die Bezüge und die Überraschungen, das ist wunderbar beobachtet und beschrieben.

Wie gesagt, die Handlung ist vielleicht etwas weit hergeholt, aber man fühlt sich als Teil dieser verschlossenen Welt der Kardinäle bei der Wahl. Ein Roman, der anders als die wirklichkeitsfremden Dan Brown Wälzer sehr nah am Geschehen ist. Näher jedenfalls, als man anders jemals dahin kommen würde. Dafür sind halt Romane gut.

Robert Harris: Konklave. Das Buch ist bei Heyne erschienen und kostet etwa 20 Euro.

(rv 14.01.2017 ord)








All the contents on this site are copyrighted ©.