2016-12-21 13:50:00

Gedenken in Berlin: „Die Parolen gruseln mich“


Die evangelische Gedächtniskirche in Berlin stand bis Montagabend in der Mitte eines Weihnachtsmarktes, nach dem Anschlag mit bisher zwölf Toten ist sie ein Ort der Trauer und des Gedenkens geworden. „Wir lassen uns nicht zur Unmenschlichkeit verführen“ hatte der Pfarrer der Gedächtniskirche, Martin Germer, beim ökumenischen Gottesdienst an diesem Dienstag in der Gedächtniskirche gesagt. Vertreter der Kirchen, der muslimischen und der jüdischen Gemeinde haben gemeinsam gebetet, die Bundesrepublik und die Stadt Berlin waren prominent vertreten.

Es habe ihn sehr bewegt, berichtet Germer den Kollegen vom Domradio in Köln, besonders die Zeichen des Zusammenhaltens im Angesicht der Angst. „Das war sehr wichtig, wie ich auch nachher an Reaktionen von vielen Menschen gemerkt habe. Für jeden, der dabei war, war das sehr dicht.“

Besonders die Menschen, die den Anschlag direkt erlebt hätten, die Schausteller etwa, hätten den Schweigemoment „mit Gänsehaut“ erlebt, sie seien sich bewusst gewesen, dass es auch sie hätte treffen können und vielleicht sogar jemanden von ihren Kunden getroffen hat.

„Es ist um die Kirche herum jetzt eine sehr stille Atmosphäre, viele Menschen stehen da still, zünden eine Kerze an. Es haben sich einige Inseln gebildet, wo jetzt viele Grabkerzen und Blumen stehen und wo Schilder stehen wo draufsteht, dass es doch wohl nicht die Aufgabe von Religionen sein kann, Menschen zum Hass zu bringen. Eine lange Schlange vom Eingang der Kirche geht bis zum Altar, wo die beiden Kondolenzbücher liegen, wo die Menschen still warten bis sie an der Reihe sind.“

Parolen oder zu viele Worte seien ihm zum Glück noch nicht begegnet, berichtet Pfarrer Germer. Die Parolen und das Ausnutzen der Situation gibt es aber woanders. „Das gruselt mich einigermaßen. Da gibt es auch Dinge, die ich emotional nicht nachvollziehen kann. Wie man davon Ableitungen ziehen kann, die eine große Gruppe von Menschen in unserem Land betreffen, das ist mir unbegreiflich, das ist weit von jeder Logik entfernt.“

(domradio 21.12.2016 ord)








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