2016-12-05 09:32:00

Philippinen: Friede auf Mindanao wäre möglich - theoretisch


Der starke Mann in Manila, Rodrigo Duterte, war hier mal Bürgermeister. Darum wird er vielleicht etwas für den Frieden auf der Insel tun. Es ist eine schwache Hoffnung, aber viel mehr haben die Christen auf der Insel Mindanao nicht in der Hand. Muslimische Separatisten sorgen schon seit langem für Unruhe und Gewalt auf der Insel, die – ganz anders als die Philippinen insgesamt – eine muslimische Bevölkerungsmehrheit hat.

Am Sonntag letzter Woche hat es auf Mindanao einen Anschlag auf eine Kirche gegeben. Als Urheberin gilt eine neue Fundamentalistengruppe namens „Maute“, die sich zum Terrornetz „Islamischer Staat“ bekennt. Die Bischöfe haben Präsident Duterte dringend gebeten, mehr für die Sicherheit von Gottesdienstbesuchern zu tun, sonst müssten Messen aus Sicherheitsgründen abgesagt werden.

„Der Anschlag (vom letzten Sonntag) passierte in einer Gegend, in der es jetzt seit einigen Jahren Konflikte gibt“, erklärt der italienische Missionar Giovanni Re, der auf den Philippinen lebt. „Nur wenige Tage nach diesem Anschlag auf die Kirche in Mindanao hat man eine Bombe vor der US-Botschaft (in Manila) gefunden, und dann soll es noch ein Attentat auf einen Militärkonvoi gegeben haben. All das geschieht auf dem Hintergrund, dass sich die Regierung schon seit einiger Zeit um die Aufnahme eines Dialogs mit diesen muslimischen Kräften auf Mindanao bemüht. Natürlich gilt das nicht für Gruppen, die mit dem IS verbunden sind: Die entziehen sich der Kontrolle der zwei großen islamischen Gruppen, mit denen sich die Regierung um Friedensgespräche bemüht.“

Hat die Kirche der Philippinen im Kampf gegen den Terrorismus also jetzt wenigstens ein gemeinsames Interesse mit der Regierung Duterte gefunden? In fast allen Bereichen liegt sie nämlich mit dem Neugewählten ansonsten über Kreuz: Sie kritisiert seinen brutalen Kampf gegen Drogenhändler und sein Wiederbeleben der Todesstrafe. „Die Kirche hat sich immer offen und als Unterstützerin eines Dialogs (mit den muslimischen Gruppen auf Mindanao) gezeigt, und es gibt auf der Insel ja einige interreligiöse Initiativen zwischen Christen und Muslimen. Das Problem liegt darin, dass die islamische Seite ein Problem mit dem Dialog hat – die wollen einen unabhängigen islamischen Staat.“

Ob sich hinter den Attentaten auch religiöse Motive verstecken – diese Frage will Pater Re nicht beantworten. „Ich halte es immer für schwierig, so eine Bewegung aufs Religiöse herunter zu deklinieren. Natürlich ist da ein Anteil an religiösem Fundamentalismus feststellbar, aber dann kommen noch viele andere Dinge hinzu. Man darf auch nicht die Geschichte aus den Augen verlieren: Dieser Konflikt kocht schon seit mehr als fünfzig Jahren, das geht zwischen muslimischen Gruppen, den Christen und der philippinischen Regierung hin und her. Mir kommt es zu vereinfachend vor, von einer religiösen Frage zu sprechen – da sind noch so viele andere Faktoren im Spiel.“

Die Christen sind nach Einschätzung des Missionars im Moment „etwas mehr in Angst als sonst“. „Das liegt auch an der neuen Regierung und am Präsidenten, an seinem Charakter: Der stößt gerne mal während Interviews Drohungen aus, jetzt vor kurzem zum Beispiel gegen alle, die für Menschenrechte eintreten. Aber dieselbe Regierung hat auch versprochen, dass sie alles nur Mögliche tun wird, um diese Friedensverträge unter Dach und Fach zu bringen. Auch Duterte sagt, er wolle keinen Krieg, sondern Frieden, und zwar auch durch Dialog.“ Dieses „auch“ hat es in sich: Denn Präsident Duterte setzt unbekümmerter als seine Vorgänger auf Militär und Polizei, um Probleme zu lösen. Da liegt die Versuchung, es auch auf Mindanao mal robuster anzugehen, nahe.

Pater Re glaubt, dass ein Friedensvertrag für Mindanao durchaus möglich wäre – wenn das alle Beteiligten nur wollten. „Aber ich bin da nicht sehr optimistisch, dazu bin ich schon zu lange hier. Ich habe schon einige Anläufe zu Friedensgesprächen mit den verschiedenen Gruppen erlebt, und jedes Mal, wenn man denkt, jetzt kommt es zu einer Lösung mit einer Gruppe, taucht auf einmal eine andere Gruppe auf und fängt an, gegen die Regierung und alle anderen Gruppen, die es bisher gibt, zu kämpfen.“

(rv 05.12.2016 sk)








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