Der Chef des vatikanischen Berufungsgerichts hat die öffentliche Forderung von
vier Kardinälen, der Papst solle seine Haltung zu wiederverheirateten Geschiedenen
klarstellen, als „Ohrfeige“ bezeichnet. „Aufgabe der Kardinäle ist, dem Papst in seiner
Amtsausübung zu helfen - nicht ihn zu behindern oder Vorschriften zu machen“, sagte
Pio Vito Pinto, Dekan der Römischen Rota, am Donnerstag in einem Interview der Katholischen
Nachrichten-Agentur (KNA). Zugleich wies er die Darstellung zurück, er habe den betreffenden
Kardinälen mit dem Entzug ihrer Kardinalswürde gedroht. Dies sei eine „ziemliche journalistische
Freiheit“.
Enttäuscht äußerte sich Pinto von der Mitwirkung des Kölner Kardinals Joachim Meisner
an dem Brief, den auch die Kardinäle Raymond Leo Burke, Carlo Caffarra und Walter
Brandmüller unterzeichnet hatten. Meisner, ein „großer Oberhirt“, habe „mit dieser
Aktion einen Schatten auf seine Geschichte gelegt“. Umso unverständlicher sei die
Geste Meisners, da er Papst Benedikt XVI. (2005-2013) sehr nahegestanden habe und
wisse, dass dieser und Franziskus in ihrer Sicht auf gescheiterte Ehen völlig übereinstimmten.
Die Ankündigung von Kardinal Burke, formelle Schritte zu ergreifen, wenn der Papst
nicht auf die ihm vorgelegten Fragen reagiere, nannte Pinto „eine Verrücktheit“. „Es
gibt kein Kardinalskollegium, das den Papst zur Rechenschaft ziehen könnte“, so der
Dekan.
Zum Umgang mit den vier Kardinälen riet Pinto: „Ein bisschen mehr beten, ruhig bleiben,
basta. Offiziell hat diese Aktion keinen Wert.“ An sich habe der Papst die Möglichkeit,
einem Kardinal seinen Rang zu nehmen. Franziskus werde dies aber aller Voraussicht
nach nicht tun.
(kna 01.12.2016 gs)
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