Bei den Christen des Nahen Ostens hat die Wahl von Donald Trump zum Präsidenten
der USA ein positiveres Echo gefunden als in anderen Weltteilen. Stellvertretend für
viele Christen sagte der chaldäisch-katholische Patriarch Mar Louis Raphael Sako der
italienischen katholischen Nachrichtenagentur „AsiaNews“, mit der Wahl Trumps hätten
die amerikanischen Wähler gezeigt, dass sie der „nicht gerechtfertigten Kriege, der
Opfer, der Gewalt und der Zerstörung“ müde seien. Was den Nahen Osten angeht, sei
eine verbreitete Unzufriedenheit gegenüber einer „unklaren, nicht ausgeglichenen Politik“
festzustellen, aber auch eine diffuse Hoffnung, dass es eine Veränderung in Richtung
eines Horizontes „des Friedens und der Stabilität“ geben könnte.
Im Irak sei die Wahl in den USA sowohl von der politischen Führung als auch von den
Bürgern - Christen wie Muslime - überwiegend mit Befriedigung zu Kenntnis genommen
worden, sagte der Patriarch. Allerdings sei deshalb das allgemeine Klima der Angst
im Hinblick auf eine Zunahme der Spannungen und der regionalen Konflikte nicht verschwunden.
Laut „Pro Oriente“ könnte für die Haltung vieler Nahostchristen zum Wahlerfolg Trumps
auch mitverantwortlich sein, dass einer der engsten Berater des neuen Präsidenten
(mit Schwerpunkt auf Nahost- und Terrorismus-Fragen) der aus dem Libanon stammende
Jurist und Politologe Walid Phares ist. Dieser war früher Generalsekretär der Maronitischen
Weltunion.
Zerstörungen in der Ninive-Ebene
Mittlerweile mehren sich im Irak die Berichte über die Besuche christlicher Geistlicher
in den befreiten Kleinstädten und Dörfern der Ninive-Ebene. Die „Barnabas Foundation“
berichtete über den ersten Besuch einer Gruppe christlicher Geistlicher am 30. Oktober
in Karakosch, die in einer großen Kirche nur mehr rauchgeschwärzte Mauern vorfanden,
weil die IS-Miliz das Gotteshaus angezündet hatte, bevor sie abzog. 95 Prozent der
rund 50.000 Bewohner der Stadt waren Christen, als Karakosch im Sommer 2014 vom „Islamischen
Staat“ überrollt wurde. Von den zahlreichen Kirchen in Karakosch wurden während der
mehr als zweijährigen IS-Schreckensherrschaft einige zerstört, andere in Moscheen
umgewandelt oder gar als Kommandozentralen oder Gefängnisse missbraucht.
Der syrisch-katholische Priester George Jahola erstellt jetzt laut „Pro Oriente“ im
Auftrag des syrisch-katholischen Erzbischofs von Mossul, Youhanna Boutros Mouche,
ein Verzeichnis aller zerstörten Kirchen, Friedhöfe und kirchlichen Institutionen,
aber auch der Wohnhäuser. Einige Jugendliche helfen dem Priester bei dieser schwierigen
Aufgabe. Bisher stehe schon fest, dass man mehr als 6.000 schwer beschädigte Wohnhäuser
abreißen und neu bauen müsse. „Wir hatten uns erwartet, dass die Islamisten alles
stehlen, was nicht niet- und nagelfest ist, aber die Zerstörungen übertreffen alles,
was man sich vorstellen konnte“, stellte P. Jahola fest.
Auch die Gotteshäuser in der Ninive-Ebene hätten ein Martyrium erlitten, sagte Jahola.
Umso wichtiger sei es gewesen, dass Erzbischof Mouche am 30. Oktober in der vom IS
zerstörten Marienkathedrale in Karakosch einen feierlichen Gottesdienst zelebriert
habe. Die Hymnen auf aramäisch - der Sprache Jesu - seien inmitten der rauchgeschwärzten
Mauern wieder erklungen. „Es war gleichsam der Versuch, den Hass auszulöschen, der
in den beiden Jahren der IS-Herrschaft so viele Opfer gefordert hat.“
(kap 14.11.2016 sk)
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