2016-11-09 10:55:00

Franziskus: Die Barmherzigkeit und die Tränen der Häftlinge


Kranke und Gefangene besuchen: zu diesen beiden Werken der Barmherzigkeit hat Papst Franziskus an diesem Mittwoch eindringlich aufgerufen. „Fallen wir nicht in die Gleichgültigkeit“, warnte der Papst bei der Generalaudienz. „Wir alle können Instrumente der Barmherzigkeit Gottes werden, und das ist für uns selbst sogar noch besser als für die anderen.“ Es brauche auch keine großartigen Voraussetzungen: „Barmherzigkeit nimmt Gestalt an in einer Geste, einem Wort, einem Besuch. Sie ist ein Akt, der einem Menschen Freude und Würde zurückgibt, der sie verloren hat.“

Jesus habe den Besuch bei den Gefangenen unter die Werke der Barmherzigkeit eingeordnet und damit dazu eingeladen, „uns nicht zu Richtern über andere zu machen“. Niemand solle „den Finger auf jemand anderen richten“, so der Papst, der vergangenen Sonntag – eine Premiere in der Geschichte der Kirche – im Petersdom mit rund 1.000 Strafgefangenen die Heilige Messe gefeiert hatte.

„Sicher, wenn einer im Gefängnis ist, hat er etwas Falsches getan, er hat das Gesetz nicht respektiert. Im Gefängnis sitzt er seine Strafe ab. Aber was auch immer ein Gefangener getan haben kann, er bleibt doch immer von Gott geliebt. Wer kann ins Innere seines Gewissens eintreten, um zu verstehen, wie er fühlt? Wer kann seinen Schmerz und sein Bedauern begreifen? Es ist zu leicht, sich die Hände zu waschen, indem man sagt, „der hat ein Verbrechen begangen“. Ein Christ, so der Papst, sei eher dazu aufgerufen, sich positiv für den Gefangenen einzusetzen, damit dieser „das Böse begreift, das er getan hat, und sich besinnt.“

Er denke oft an die Gefangenen, vertraute Franziskus den Besuchern auf dem Petersplatz an, „ich trage sie im Herzen. Ich frage mich dann, was sie dazu gebracht hat, ein Verbrechen zu begehen und wie es zuging, dass sie den verschiedenen Formen des Bösen nachgeben konnten“, so der Papst, „Und zugleich fühle ich, dass sie alle Nähe und Zärtlichkeit brauchen.“ Die Barmherzigkeit Gottes wirke Wunder. „Wie viele Tränen habe ich auf den Wangen von Häftlingen gesehen, die vielleicht noch nie in ihrem Leben geweint haben; und das nur, weil sie sich angenommen und geliebt fühlten.“

Jesus habe in den drei Jahren seines öffentlichen Lebens unermüdlich verschiedenste Menschen getroffen. Wenn er dazu auffordere, Kranke und Gefangene zu besuchen, dann lade er zu einer Geste großer Menschlichkeit ein, nämlich dem Teilen. „Ein Besuch kann den kranken Menschen sich weniger einsam fühlen lassen und ein wenig Gesellschaft ist eine gute Medizin!“ Als „unbezahlbar“ würdigte Papst Franziskus die Aufopferung zahlreicher Freiwilliger in den Krankenhäusern, die heutzutage „wahre Kathedralen des Schmerzes“ seien.

(rv 09.11.2016 gs)

 

 








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