2016-10-31 09:00:00

Drehbuch der Ökumene: Vom Konflikt zur Gemeinschaft


Das Sprechen über die Reformation muss Jesus Christus in die Mitte stellen, nicht die jeweils eigene Konfession. Mit dieser Einsicht beginnt ein Dokument, das so etwas wie das Drehbuch des Reformationsgedenkens in Lund und Malmö ist. Bereits 2013 vorgestellt war es lange unbeachtet geblieben, erst durch die gemeinsame Einladung von Katholiken und Lutheranern zu einem Gottesdienst in Lund hat es Prominenz gewonnen.

Entstanden ist das Dokument „Vom Konflikt zur Gemeinschaft“ ausdrücklich als Vorbereitung für das „gemeinsame lutherisch-katholische Reformationsgedenken“, und auch die Liturgie an diesem Montag in Lund ist eine Fortsetzung dieses Dokuments.

„Vom Konflikt zur Gemeinschaft“ ist das zweite große ökumenische Dokument nach der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre von 1999. Während sich letztere aber vor allem mit der zentralen theologischen Frage beschäftigt hat, nämlich dem Verhältnis von menschlichem Tun und Gottes Gnade, hat das Dokument „Vom Konflikt zur Gemeinschaft“ einen anderen Sinn. Es geht nicht um zentrale Aussagen, denen zuzustimmen ist oder in denen ein Konsens gefunden wird. Es geht vielmehr um das eigene Selbstverständnis als Kirche nach der Reformation, lutherisch wie katholisch.

Konfession ist nicht mehr trennend

Selbstverständnisse bilden sich auch dadurch, wie man die eigene Geschichte erzählt, und genau hier setzt das Dokument an. In weiten Teilen erzählt der Text die Geschichte der Reformation Martin Luthers und deren Auswirkungen. Das Neue daran ist, dass es eine gemeinsam erzählte Geschichte ist. Die jeweils eigene Konfession spielt sehr wohl eine Rolle beim Erzählen, aber keine trennende Rolle mehr. So wird über Papst Leo X. und Kardinal Cajetan, über Luther in Worms und die aufkommende reformatorische Bewegung referiert, ohne dass im Vorhinein schon die einen Recht und die Anderen Unrecht haben. Hier wird eben nicht das jeweils eigene religiöse Profil gestärkt, auf Kosten des jeweils anderen.

Besonders spannend wird das im vierten Kapitel des Dokuments, in dem es um die Theologie des Reformators und den Dialog darüber geht. Gerade was die gemeinsamen Aussagen etwa zu Eucharistie und Realpräsenz oder das Amt in der Kirche angeht, ist der Text  manchmal sehr abstrakt, aber das ist der Materie geschuldet. Man kann nicht alles vereinfachen, und der Text will das eben auch nicht.

„Ökumenische Imperative“

Am Schluss stehen fünf „Ökumenische Imperative“: ‚Immer von der Einheit, nicht von der Spaltung  ausgehen‘ eröffnet die Liste. ‚Sich gegenseitig verändern lassen‘ und ‚immer konkrete Schritte suchen‘ folgen als Imperativ zwei und drei. Imperativ vier ist besonders stark beim Papstbesuch in Malmö durch die Unterzeichnung der Absichtserklärung von Caritas Internationalis und dem World Service des Lutherischen Weltbundes präsent: ‚Ökumene ist nicht nur für die Kirchen da, sondern ein Dienst für die Welt, „damit die Welt glaubt“‘. Imperativ fünf rundet das Ganze ab: ‚gemeinsam Zeugnis ablegen für Gottes Gnade‘. Nicht nebeneinander, sondern gemeinsam, um es etwas überspitzt zu formulieren.

Gerade der letzte Imperativ kommt harmlos daher, als ob man ihm ganz einfach zustimmen könnte. Die jeweilige konfessionelle Profilierung, die das jeweils Eigene zum Kernbestand des Christlichen erklärte, hat das aber oft unmöglich gemacht. Das Dokument will, dass das anders wird: Vom Konflikt zur Gemeinschaft eben.

(rv 31.10.2016 ord)








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